Fit und gesund! - Ernährung beim Hobby- und Leistungssport mit Prof. Anja Carlsohn (S2F3)
Shownotes
Zur Sporternährung hat die DGE eine eigene YouTube-Playlist zusammengestellt – schaut gerne mal rein.
In unserem Magazin DGEwissen, Ausgabe 11/2023, findet ihr einen Artikel speziell zur Ernährung von Sportlerinnen. Die Ausgabe ist für Abonnent*innen kostenfrei über die DGEwissen-App oder online abrufbar.
Wenn ihr noch tiefer in das Thema einsteigen wollt: Die DGE-Arbeitsgruppe Sporternährung hat mehrere Positionen zu den verschiedenen Bereichen der Sporternährung veröffentlicht. Ihr findet sie hier.
Die Publikation über die Einteilung der Athleten findet ihr kostenpflichtig hier.
Der IOC-Entscheidungsbaum über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln hat Frau Carlsohn ins Deutsche übersetzt. Ihr findet ihn als Tabellen in einem kostenfreien Artikel, ab S. 160, oder im englischen Original.
Transkript anzeigen
[Musik]
Hallo zur dritten Folge von “Wie wollen wir essen?”, dem Podcast der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Ich bin Henriette Schreurs und in dieser Staffel geht es um Essenstipps – welche es gibt und wie sinnvoll die sind. Dazu spreche ich mit Leuten, die sich damit auskennen, z. B. mit Ernährungsberater*innen und Expert*innen aus der Wissenschaft.
In dieser Folge liegt der Themenbereich Sport und Ernährung auf meinem Podcast-Teller. Im Internet und garantiert auch in Fitnessstudios und überall, wo Leute, die Sport machen, irgendwie beieinandersitzen, gibt’s unendlich viele Tipps, was die Leistung am besten steigert und was beim Muskelaufbau hilft und was einfach allgemein gut für den Sportlerkörper ist. Und ich hab gar keine Ahnung, was da jetzt wirklich Mythos ist und was wirklich was bringt. Ich habe also viele Fragen. Und da ist es doch besonders gut, dass es diesen Podcast gibt und ich meine Fragen immer wieder kompetenten Leuten stellen kann.
Bevor ich aber ins Gespräch mit meiner heutigen Gästin gehe, geht’s an einen Ort, an dem es den ganzen Tag nur um Sport geht: An ein Sportinternat. Und zwar nicht an irgendeines, sondern an das Internat der Nachwuchssportler*innen in Hamburg am Olympiastützpunkt.
Hier stehen vor uns zwei Kühlschränke, einer ist ein schöner silberner Kühlschrank, wie man sich das so vorstellt. Der ist von oben bis unten bestückt. Hier sind Aufschnitte drin, hier ist Milch drin, hier sind verschiedene Joghurtsorten drin, hier ist…
Das ist Lars Soltek. Er leitet das Internat am Olympiastützpunkt Hamburg. Gerade gibt er eine Führung durch die ca. 70 m² große Mensa der angehenden Profisportler*innen – Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 13 bis Anfang 20 Jahren.
Und dann haben wir hier auf der anderen Seite, haben wir so einen alten Flaschenkühlschrank hier – also nicht alt, den haben wir neu gekauft – daneben stehen mit so einem Sichtfenster. Und da sieht man auf verschiedenen Ebenen vorgeschnittenes Gemüse drin. Das war uns auch wichtig und das war auch unserer Ernährungsberaterin wichtig am Olympiastützpunkt, dass die gesunden Lebensmittel in den Mittelpunkt rücken und die Jugendlichen die sehen damit sie darauf als Erstes zugreifen.
Zu jeder Tages- und Nachtzeit können sich die 25 Bewohner*innen hier selbst verpflegen. Mit Gemüse, Käse und anderen Toppings können sie sich in einer Mikrowelle Wraps warm machen oder sie stellen sich ihr eigenes Müsli zusammen. Einmal pro Tag bereitet außerdem ein Küchenteam eine warme Mahlzeit für alle zu. Personalisiert, also auf die individuellen körperlichen Bedürfnisse der Sporttreibenden abgestimmt, geht allerdings nicht, weder finanziell noch organisatorisch. Weil jemand, der rudert, einen anderen Ernährungsbedarf hat als jemand, der Badminton spielt, kommt den einzelnen Sportverbänden eine wichtige Rolle zu: Sie bieten den Sportler*innen Ernährungskurse an und stellen Essenspläne auf. Die Do’s und Don’ts umzusetzen – das liegt bei den Sportler*innen selbst. Lars Soltek und sein Team lassen die Zügel locker, beobachten aber aufmerksam.
Wenn jemand ganz weit weg ist von dem, was wir so auch von den Ernährungsberaterinnen so mitberaten bekommen haben, dann sprechen wir die Leute an. Und wenn wir merken, das nützt nichts, dann sprechen wir mit dem nochmal richtig und sagen: Pass auf, also ich glaube, bei dir wäre eine Ernährungsberatung ganz gut angebracht, dass du mal so ein paar Basics lernst und mal schaust, wie isst du eigentlich wirklich, dich mal beobachtest und das mit einem Profi besprichst.
Wer sich richtig ernährt, hat Vorteile im Sport: Schnellerer Muskelaufbau, kürzere Regenerationsphasen, geringere Anfälligkeit für Krankheiten. Aber nicht jeder bringt von Anfang an dieses Wissen mit. Um Entscheidungen zu erleichtern, hat Lars Soltek neben den Kühlschränken eine Ernährungsampel aufgehängt.
Welche Nahrungsmittel eher gut sind und welche so Mittelklasse-prächtig sind, also in Gelb dann, und welche nicht so gut sind in Rot. Und die stehen dann da auch drunter. Das ist eine Empfehlung von den Ernährungsberater*innen, die auf der DOSB, also dem Deutschen Olympischen Sportbund, zusammengetreten sind, diesen Leitfaden errichtet haben und dann also tatsächlich hier Vorschläge gemacht haben, wann welches Nahrungsmittel gut ist. Ich finde, es ist eine gute Orientierung, um sich das einzuprägen, was soll ich eigentlich im Alltag machen. Und am Ende ist es auch eine Frage von Gewohnheiten, wozu man greift.
Ein Beispiel bei den Milchprodukten: Die Ampel steht auf Grün bei Naturjoghurt mit einem Fettgehalt von bis zu 0,4 Prozent. Gelb ist Naturjoghurt mit 10 Prozent Fettgehalt. Zum Hintergrund: Die Sportler*innen müssen je nach Sportart auf ihre Energiezufuhr achten. Mit den fettarmen Milchprodukten geht das einfacher. Die fettreicheren, gelb-markierten, sollten in diesen Fällen nicht so oft gewählt werden.
Ständig auf Kalorien, Proteine und Aminosäurenbilanz zu achten, kann aber auch sehr anstrengend sein. Darum sorgt der Internatsleiter dafür, dass sich seine Bewohner*innen von Zeit zu Zeit mal etwas nicht ganz so Gesundes gönnen dürfen.
Das hören vielleicht Ernährungsberater nicht so gerne, aber es muss auch mal einen Burger geben hier. Die Jungs und Mädels hauen hier so viele Kalorien durch am Tag. Also das macht denen nichts aus. Und es gibt auch welche, die haben nicht so ein hohes Budget. Es gibt welche die kommen aus guten Elternhäusern, die gehen auch gerne irgendwo mal essen. Und es gibt welche, die haben nicht so viel Geld, und ich finde, auch die müssen mal in den Genuss kommen.
Ob das Cheaten erlaubt ist, ab welchem Fitnesslevel man was essen sollte und wie sinnvoll Nahrungsergänzungsmittel sind, darum geht es gleich im Interview mit Anja Carlsohn. Sie ist Professorin für Ernährungswissenschaft an der HAW Hamburg, spezialisiert auf Ernährung für Sportler*innen.
[Musik]
Hallo Frau Carlsson, schön, dass Sie bei uns im Podcast sind!
Schönen guten Tag, schön, dass ich da sein darf.
Ich bin schon total gespannt, worüber wir heute insgesamt reden. Also unser Thema ist ja Sporternährung und dafür sind Sie die perfekte Expertin für heute. Und ich würde aber gerne starten mit ein paar kurzen Fragen, um, um reinzukommen, zum Aufwärmen und zum besser Kennenlernen.
Wunderbar, so machen wir das.
Die erste schöne kurze Frage ist: Was war ihr kuriosestes Esserlebnis?
Mein kuriosestes Esserlebnis. Müsste ich überlegen. Fällt mir spontan nicht viel ein, außer dass ich, genau, irgendwann mal – es muss um 1998 gewesen sein – beim Tokio-Halbmarathon war als Abgeordnete sozusagen der Berliner Delegation. Und interessant fand, dass in Tokio, wahrscheinlich überall in Asien, statt Speisekarten die Lebensmittel in Plastik oder Kunststoff ausgestellt werden. Also man sieht dann beim Betreten des Lokals solche nachgestellten Speisen, aber eben nicht echt, sondern aus Kunststoff. Das sieht, ne, täuschend echt aus. Was einem aber hilft, wenn man die asiatischen Sprachzeichen oder Schriftzeichen nicht kann, zu erahnen, was dort auf dem Teller ist.
Ja, ich glaube, das habe ich schon mal auf Bildern gesehen. Mir fällt jetzt gerade nur ein, dass in manchen Kantinen wird ja so ein Beispielteller hingestellt, aber das ist ein echtes Essen, was danach aber ja keiner mehr essen will. Das ist ja irgendwie schade.
Und was auch aus Nachhaltigkeitsperspektive glaube ich nicht so gut ist, wenn das jeden Tag weggeschmissen wird.
Nee, wahrscheinlich nicht. Aber haben Sie denn da auch was davon dann gegessen? Hat es Sie dazu verleitet, was auszuprobieren?
Also das waren ja alle Gerichte, die da, ne, man zeigte dann einfach mit dem Finger da drauf, was man haben wollte, was am interessantesten oder am leckersten aussah oder am verzehrfähigsten. Manches konnte man ja nicht so richtig zuordnen, aber… Genau, also statt Speisekarte drauf zeigen, was man haben will.
Finde ich einen sehr einfachen Weg der Kommunikation. Wie sieht Ihr Ess-Alltag wohl in 20 Jahren aus?
Auch wieder so eine komplizierte Frage. Ja…
Ja.
Ich hoffe, ich hoffe auch in 20 Jahren noch gesundheitsförderlich, sportgerecht und nachhaltig oder nachhaltiger, weil sich wahrscheinlich – hoffe ich zumindest – das Angebot in den Supermärkten dahin weiterentwickelt, dass wir mehr nachhaltigere Speisen haben. Aber ansonsten hoffe ich, dass ich weiterhin auch das esse, was mir schmeckt und was mir Freude in der Zubereitung bringt und, ja, ohne mich da auf einzelne Lebensmittel festzulegen.
Was haben Sie früher gegessen, was Sie heute nicht mehr essen würden?
Ich habe früher als Sportlerin, also ich war ja Marathonläuferin, habe ich deutlich mehr Pasta gegessen, was ich heute nicht mehr so mache. Einfach, weil ich das 15 Jahre lang, ne, im Carboloading sehr ausführlich gegessen habe, in den unterschiedlichsten Variationen. Das heißt, wenn ich jetzt ins Restaurant gehe, bestelle ich selten Pasta.
Da sind wir eigentlich auch schon fast beim Thema. Aber da reden wir später drüber. Da bin ich gespannt, was Sie erzählen zum Thema Kohlenhydrate und Marathonlauf.
Erstmal die nächste Frage: Welche gängige Ernährungsempfehlung oder so ein Ernährungsmythos finden Sie unnötig?
Von den aktuellen Trends gesehen sind solche Sachen wie ketogene Ernährung im Sport, ja, mit dem Ziel, Gewicht zu reduzieren, oder auch bei Nichtsportler mit dem Ziel, Gewicht zu reduzieren, unnötig, weil es einfach so nicht funktioniert oder nicht überlegen ist verglichen mit anderen Ernährungsformen. Und generell so Trends, die irgendwie vermarktet werden, gerade auf den sozialen Medien, die, die nicht haltbar sind und im schlimmsten Fall sogar gesundheitsgefährdend sind. Wo man aber auch nicht gegen ankommt, ne, mit plausiblen Texten und Publikationen.
TikTok hat gesagt, das ist richtig so.
Genau.
Was war noch mal ketogen?
Ketogen ist extrem kohlenhydratarme Ernährung, also so unter 50 Gramm am Tag, wo es also auch mit, mit Obst und Gemüse schon echt schwer wird, sich noch adäquat zu ernähren, weil einfach ja Obst und Gemüse auch schon Kohlenhydrate enthalten. Das heißt, eine Ernährungsform, die extrem einseitig ist, was die Lebensmittelauswahl angeht, aber auch was eben die Nährstoffversorgung angeht.
Ich hatte gerade den Impuls sagen, „oh Gott, ich würde verhungern“, aber das ist wahrscheinlich gar nicht so witzig, weil wenn man das übertreibt, dann ist das wahrscheinlich gar nicht so weit weg davon. Sehr, ja, …
Letzte Frage: Was ist Ihr Lieblingssport?
Der Ausdauersport. Also ich bin Läuferin.
Laufen Sie viel?
Jetzt nicht mehr so viel wie früher. Wie gesagt, ich war früher Marathonläuferin, auch im Bundeskader und so weiter. Jetzt, so im vollen Arbeitsalltag mit Kindern, gucke ich was geht. Aber ich laufe noch, also bin wieder angemeldet für den Hamburg-Marathon im April. Also muss mal wieder loslegen mit den höheren Umfängen, aber momentan noch nicht.
Was war zuerst da – Ihr Leben als Forscherin im Bereich Sporternährung oder die Sportleidenschaft?
Ich war zuerst Sportlerin und hab dann mich aus dem Sport heraus entschieden, Ernährungswissenschaften zu studieren und bin dann in diesem Gebiet sozusagen aufgegangen.
Ab wann zähle ich eigentlich als Sportlerin? Also wenn ich jetzt einmal die Woche, weiß ich nicht, eine halbe Stunde joggen gehe, muss ich dann schon gucken, dass ich auf Sporternährung umstelle oder wie, wie ist denn das so?
Sehr gute Frage, diskutiere ich auch immer mit meinen Studierenden. Gar nicht so einfach zu beantworten, vor allem für diejenigen, die neu mit dem Sport anfangen und, ja, in ihrem Alltag etwas ändern. Also die klassische, ich sag jetzt mal Definition oder die die Einteilung, an der wir uns orientieren, ist die Aussage: Mindestens fünf Stunden Sport pro Woche. Das liegt einfach daran, dass die WHO empfiehlt, mindestens 150 Minuten Sport in der Woche zu treiben, moderat bis intensive körperliche Belastung, also zweieinhalb Stunden. Und wenn man das erreicht, dann hat man gerade mal, so sagt die WHO, ein Ausgleich für die überwiegend sitzende Tätigkeit. Das heißt, ich muss erst ein bisschen mehr mich bewegen als das, was ich für meine Gesunderhaltung eigentlich brauche, um zu sagen, ich bin ein Sportler oder auf spezielle Sporternährungsregeln zurückzugreifen. Man muss auch sagen, dass die Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung ja ein Mindestmaß an körperlicher Aktivität berücksichtigen, also eben diese hoffentlich 150 Minuten, die wir brauchen pro Woche, um gesund zu bleiben.
Das heißt, ich muss mich erst mal aus dem Minusbereich auf was Neutrales, auf ein neutrales Level bewegen mit zweieinhalb Stunden pro Woche. Uh, da komme ich drüber. Gott sei Dank, Glück gehabt. Und dann, und dann kann ich anfangen, mir zu überlegen, ob ich jetzt besonders viele Kohlenhydrate oder, oder Proteine oder irgendwas brauche. Darüber reden wir dann später noch, was man denn da eigentlich braucht.
Aber genauso ist es, ne. Also die normalen Empfehlungen oder Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung berücksichtigen eben dieses Mindestmaß an körperlicher Aktivität. Und wenn ich jetzt überwiegend Sitze und einmal in der Woche ins Fitnessstudio gehe, dann brauche ich nichts mehr.
Ja, und was gibt's noch so für Einteilungen? Da ist ja noch Luft nach oben.
Genau, es gibt ja noch mal die dezidierte Unterscheidung zwischen Freizeitsportlern und Athleten, ja, und die Definition für Athleten, also es gibt auch unterschiedliche Definitionen, aber eine, die ich gerne benutze, ist: Personen betreiben Wettkampfsport. Also da ist so dieser Leistungsgedanke dahinter und nicht „ich habe Freude an der Bewegung oder mache Osteoporose-Sport fünfmal pro Woche“, sondern wirklich dieser Leistungsgedanke, indem die Athleten oder die Sportler Wettkämpfe betreiben. Und dann gibt es noch Einteilungen anhand der Stunden, die sie da pro Woche investieren. Also für Spitzensportler sagt man: Das ist ihre Haupttätigkeit. Also die können nebenbei vielleicht noch studieren oder arbeiten gehen, aber der Sport ist die Haupttätigkeit, das ist so eine Definition für den Spitzensport.
Also wenn man jetzt sagen würde, okay das höchste nehmen wir jetzt, Profisportler, gibt es wahrscheinlich sehr viele Sportarten, bei denen man insofern nicht Profi sein kann, weil man davon nicht leben kann. Und wahrscheinlich ist das deswegen die Athleten und nicht Profisportler als Abgrenzung zu Freizeitsportlern, oder?
Genau, und weil uns ja aus physiologischer Sicht auch nicht interessiert, ob jemand den Lebensunterhalt damit bestreiten kann oder Werbeverträge hat, sondern wir tatsächlich so diese physiologische metabolische Beanspruchung berücksichtigen, um die Ernährungsempfehlung darauf anzupassen. Wenn jemand mit einmal in der Woche, ich weiß nicht, Golf spielen, schon sein Lebensunterhalt verdienen kann, dann hat es ja keine Effekte auf die Ernährung oder auf die Ernährungsempfehlungen, die wir geben. Da steckt da so dahinter.
Wenn ich jetzt Balletttänzerin wäre an einer großen Oper, dann wäre ich wahrscheinlich Spitzensportlerin.
Das mit hoher Wahrscheinlichkeit, ja.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit. Ich habe noch das schöne Wort „ambitionierter Freizeitsportler“ gefunden bei meiner Recherche. Ab wann bin ich denn ein ambitionierter Freizeitsportler?
Genau das ist ja so Wort-, ne, -klauberei, so ein bisschen das... Tatsächlich diskutieren wir das oft mit den Studierenden, wenn sie ihre Bachelorarbeiten in dem Bereich schreiben. Und deswegen empfehle ich immer diese publizierte Einteilung Athleten nach Scharhag, ne, das wirklich veröffentlicht wurde, woran man sich orientieren kann. Weil es gibt so wahnsinnig viele Bezeichnungen für Sportler*innen, ne: Sporttreibende Freizeitsportler, Gesundheitssportler, Freizeitsportler, Volkssportler, ambitionierte Freizeitsportler, Leistungssportler, Spitzensportler, Nachwuchssportler und so weiter. Wenn es auf die physiologische Beanspruchung drauf ankommt, dann macht es Sinn, einfach nach Trainingsvolumen, also Stunden, die investiert werden, um vielleicht über diesen Leistungsgedanken die Motive und Ziele des Sporttreibens zu berücksichtigen. Also ein ambitionierter Freizeitsportler, um die Frage zu beantworten, könnte ein Wettkampfathlet sein.
Wie finde ich das denn raus, auf welcher Stufe ich stehe und dann halt auch, was das für mich bedeutet? Also wenn ich jetzt über diesem neutralen Nullpunkt bin, wenn ich mehr als zweieinhalb Stunden Sport die Woche mache, woher weiß ich dann, was eine gute Ernährung für mich ist?
Sporternährung, ist so die Empfehlung, ab 5 Stunden Sport pro Woche. Also nochmal ein bisschen Luft zu diesen reinen WHO-Gesundheitsempfehlungen, Luft nach oben sozusagen. Wenn man da unsicher ist – „hab ich jetzt schon einen, einen Mehrbedarf oder einen besonderen Bedarf?“ – dann wird mir natürlich immer eine Ernährungsberatung von Fachpersonal empfehlen oder durch Fachpersonal, um zum einen zu gucken: Gibt es da irgendwie im Status Defizite, ja, in der Ernährungszufuhr oder im Ernährungsverhalten? Gibt es da Sachen, die optimiert werden können? Und zum anderen einfach im anamnestischen Gespräch herauszufinden, was sind denn eigentlich die Ziele einer Ernährungsberatung? Also ein Sportler oder eine Sportlerin muss ja nicht nur das Ziel der Leistungsverbesserung haben, sondern es kann ja auch sein, dass sie eine Ernährungsberatung aufsuchen oder unsicher sind, weil sie vielleicht Fragen zu Muskelmasse-Aufbau haben oder zur Gewichtsreduktion oder auch Sportler sich einfach vielleicht nachhaltig ernähren wollen. Solche Aspekte, die man jetzt nicht aus Listen oder so herauslesen kann und wo es Sinn macht, wirklich individuell sich beraten zu lassen.
Gibt es da große Unterschiede zwischen verschiedenen Sportarten?
Auf jeden Fall. Kann man sich vielleicht ganz gut vorstellen. Macht natürlich einen riesen Unterschied, ob jemand jetzt, ich sag mal, 35 Kilo Trampolin-Turnerin ist oder jemand zwei Meter großer, 100 Kilo schwerer Ruderer ist oder ob jemand im Triathlon, ne, sechs Stunden Ausdauersport am Tag betreibt oder ob jemand Sportschütze ist und weniger metabolisch anspruchsvolle Sportarten hat, Tontaubenschießen beispielsweise. Das ist natürlich extrem variabel, sowohl von den anthropometrischen Voraussetzungen – also einfach die körperliche Statur, sage ich mal, Größe, Gewicht, Körperfettanteil – als auch die Belastung im Trainingsalltag, die metabolische Belastung jetzt rein, ne, auf Stoffwechselebene.
Zählt eigentlich auch Denksport dazu?
Denksport und auch E-Sport sind so, ich sag jetzt mal, Streitpunkte. Wir wissen, dass natürlich ne, ne erhöhte Gehirnaktivität auch mehr Energie verbraucht. Insofern passt vielleicht so ein bisschen der Begriff Sport. Aber das ist nicht das, was in den klassischen Definitionen sportlicher körperlicher Aktivität vom DOSB beispielsweise berücksichtigt ist. Also da gab es ja auch lange Diskussionen – was machen wir jetzt eigentlich mit dem E-Sport? Aber diese, ich sag jetzt mal, sitzende Beanspruchung erfüllt halt ganz viele Kriterien der sportlichen Aktivität nicht, ne, also Begünstigung oder Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems, muskuläre/skelettale Anpassung, all diese Sachen können jetzt Denksport oder auch E-Sport nicht vollführen und nicht mit sich bringen.
Ich habe bei mir beobachtet, als ich angefangen hab, draußen Sport zu machen. Vor allem, wenn es kalt ist draußen, hatte ich danach richtig Heißhunger auf Döner. Und dann musste das einfach sein, das… Also esse ich nicht ständig, so einmal die Woche oder so, aber das habe ich so richtig gemerkt, so: Ach krass, wo kommt das denn her? Kann man so auf seinen – das soll jetzt, das ist jetzt ein unbeabsichtigter Witz – auf sein Bauchgefühl hören oder ist das sehr abwegig?
Das ist überhaupt nicht abwegig, auf das Bauchgefühl zu hören, weil Durst und Hunger zeigen ja an, da besteht irgendwo ein Bedarf. Und im Gegenteil, wenn man jetzt nur rein kognitiv, nur mit dem Kopf entscheidet, besteht ein großes Risiko, in ein restriktives Essverhalten abzurutschen, also sich Lebensmittel zu verbieten, was dann zu einer einseitigen Ernährung führen kann oder auch zu wenig Energie aufzunehmen. Ist tatsächlich ein großes Problem im Sport, gibt es einen Symptomkomplex als relatives Energiedefizit im Sport bezeichnet wird. Das kann sozusagen, das Risiko kann reduziert werden, wenn wir auch wieder nach Durst und Hunger und Appetit uns ernähren würden oder die Sportler sich entsprechend ernähren würden. Gleichwohl ist es immer so eine gesunde Mischung, also etwas kognitives Steuerung und zu wissen: Okay, was brauche ich jetzt eigentlich, um mein Training möglichst gut zu unterstützen, um die Trainingsadaptation, die ich erreichen möchte, auch wirklich zu erreichen? Macht natürlich Sinn, ohne sich jetzt Getränke oder auch Speisen wirklich gegen das dringende Bedürfnis zu verbieten. Also das so abzuwägen, das ist tatsächlich ein, ein wichtiger Prozess, den, den Sportler teilweise auch erst wieder lernen müssen, weil sie manchmal sehr kopfgesteuert rangehen und nur in, in Nährstoffen und Gramm pro Kilogramm Körpergewicht denken und nicht mehr in ein leckeres Lebensmittel oder eine leckere Speise.
Also ich habe auch sehr oft Lust auf Pommes und ich glaube, dass… da will mir mein Körper jetzt nicht unbedingt sagen: Hey, du hast dich viel bewegt, du brauchst jetzt unbedingt frittierte Kartoffeln. Da würde ich vielleicht nicht unbedingt drauf hören.
Genau. Das ist genau dieser kognitive Abwägungsprozess, den man dann irgendwie bewältigen muss.
Check! Alles richtiggemacht.
Ich überlege gerade, vielleicht so als Beispiel: Wenn ich jetzt zu Ihnen komme und ich sage, okay ich jogge in der Woche fünf Stunden. Was ich ganz schön viel finde, naja, aber vielleicht ist das trotzdem eine ganz gute Hausnummer. So, ich jogge in der Woche fünf Stunden, ich bin weiblich, Mitte 30 und wiege 60 Kilo. Was für, in was für eine Richtung könnte ich denn da ernährungstechnisch gehen? So, wo sind die kleinen Stellschrauben, an die ich vielleicht gehen kann?
Also das ist ja genau dieser Grenzwert, ne, mit diesen Stunden, wo wir sagen: Okay, ernährungstechnisch könnte man auf die Empfehlung der Sporternährung schauen oder auch nicht. Im Gespräch würde ich immer zunächst fragen, warum Sie in die Ernährungsberatung gekommen sind, also welches Ziel Sie haben. Also die Konstellation, die Sie gerade genannt haben, kann ja ganz unterschiedlich sein. Jemand möchte eben doch sich vorbereiten, sag ich mal, auf irgendeinen Wettkampf, ne, auf den ersten Halbmarathon oder den ersten Marathon, und ist unsicher, was kann ich denn da im nächsten halben Jahr machen, weil ich nichts falsch machen möchte, nicht in eine Mangelsituation geraten möchte. Es kann sein, jemand ist schon relativ erfahren und möchte seine 10-Kilometer-Laufzeit irgendwie verbessern. Oder es kann auch sein, jemand der jetzt angefangen hat mit genau dieser Konstellation, möchte vielleicht Gewicht oder Körperkomposition optimieren. Und das muss man eben genau herausfinden. Oder derjenige/diejenige hat vielleicht sogar Beschwerden, ne, zu sagen, ich komme nach der Arbeit und versuch dann noch irgendwie mal eine Stunde zu laufen an den fünf Werktagen und weiß nicht so genau, was soll ich vorher essen oder hab dann irgendwie gastrointestinale Beschwerden oder schlaf dann nicht gut, wenn ich danach so viel esse… Das muss man im Gespräch erstmal herausfinden: Was sind denn eigentlich die Gründe? Ohne die kann man gar nicht beraten, weil man eben nicht weiß, was bewegt denjenigen oder diejenigen.
Fünf Stunden ist auch wirklich ganz schön viel, wenn ich so drüber nachdenke. Wenn ich nach jedem, an jedem Werktag noch mal eine Stunde joggen gehen würde. Ich bin schon froh, wenn ich 40 Minuten schaffe. Das ist dann, ja, vielleicht ein bisschen viel.
Wie groß ist denn eigentlich der Einfluss von Ernährung bei sportlicher Leistung? Also wie sehr kann ich das Maximum aus mir rausholen? Einfach nur durch, was heißt einfach nur durch Ernährung, so, wenn ich ergänzend noch Ernährung mit dazu nehme?
Also da muss man sagen, prozentual kann man jetzt nicht sagen, was die Ernährung, ne, zur Leistungssteigerung irgendwie beiträgt. Dazu sind die Sportarten zu heterogen, dafür sind die Voraussetzungen zu heterogen bei den einzelnen Sportlern. Man muss ganz klar sagen, dass die Ernährung ein wichtiger Leistungsfaktor ist. Ich würde mal sagen, fast gleichberechtigt zu dem Training. Also mit dem Training wollen die Athleten/Athletinnen ja etwas erreichen, sie haben bestimmte Ziele, wollen sich adaptieren. Und mit der bedarfsangemessenen Ernährung, die wirklich auf das Training abgestimmt ist, können die Athleten dann dieses Ziel, diese Trainingsadaptation, schneller erreichen. Also es ist im Prinzip eine unterstützende Maßnahme, um, oder begleitend notwendig zu, für einen Sportler oder für einen Wettkampfsportler/-Sportlerin, um die Trainingsziele zu erreichen. Und gleichzeitig muss man sagen, mit unangepasster Ernährung oder inadäquater Ernährung – also man hört jetzt nur noch auf seinem Bauchgefühl und isst wirklich jeden Tag zu, bei den Mahlzeiten, bei den Hauptmahlzeiten oder allen Hauptmahlzeiten die Pommes – kann man sein Leistungspotenzial einfach nicht ausschöpfen. Also wenn ich das nicht gut mache, meine Ernährung nicht gut plane, nicht gut umsetze, habe ich Leistungseinbußen als Athlet oder Athletin. Wenn ich sie gut an mein Training adaptiere und an meine Trainingsziele adaptiere, dann kann ich mein Training optimal unterstützen. Und je nachdem, von welcher Ausgangslage man sich bewegt, also für die Athletinnen, die schon ein relativ gutes Basis-Ernährungsniveau haben, ist wahrscheinlich dann das Add-on an Leistungsgewinn etwas kleiner, als bei denjenigen, die bisher ne, ich sag jetzt mal, katastrophale Ernährung haben und sich noch nicht sportgerecht oder gesundheitsförderlich ernähren. Da kann man dann natürlich mit einer Umstellung viel mehr erreichen.
Mal abgesehen davon, dass man vielleicht nicht das Level erreicht, was man erreichen könnte. Was gibt es denn noch für Folgen von falscher Ernährung beim Sport?
Also, ähnlich wie in der Allgemeinbevölkerung, haben wir natürlich: Eine wenig gesundheitsförderliche Ernährung erhöht das Risiken für alle möglichen Ernährungs- und Lebensstil-mitbedingten Erkrankungen, also Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atherosklerose, solche Sachen. Was wir jetzt im… das heißt, beim ambitionierten, erfahrenen Sport mit einer deutlich geringeren Prävalenz haben, weil natürlich der Sport an sich schon gesundheitsförderlich wirkt und viele lebensstilabhängige Erkrankungen in der Wahrscheinlichkeit reduzieren kann. Das kann natürlich auch sein, also, dass Athleten Mangelerscheinungen bekommen. Also im Ausdauersport relativ häufig zu beobachten ist beispielsweise ein Eisenmangel, der sich dann ungünstig auf die Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Regeneration, Immunsystem auswirken kann. Aber es können auch spezifische Erkrankungen resultieren. Also relativ weit verbreitet ist dieses sogenannte relative Energiedefizit im Sport, RED-S genannt, was mit verschiedenen Symptomen dann einhergehen kann. Also klassischerweise sieht man bei weiblichen Athletinnen zuerst Einschränkungen in der Knochengesundheit, zum Beispiel Stressfrakturen, Ausbleiben der Menstruationsblutung und eben eine unzureichende Ernährung. Deswegen wurde das, dieses Symptom lange auch als Female Athlete Triade bezeichnet. Inzwischen weiß man, dass die Symptome noch viel vielschichtiger sind. Also wir haben hormonelle Störungen, metabolische Störungen, Schlafstörungen, die Regeneration, die beeinträchtigt ist, das Muskelwachstum, was beeinträchtigt ist, Glykogen, was ich nicht mehr so gut einlagern kann, teilweise auch psychologische Erscheinung, die auftreten können und das alles nicht nur bei Frauen, sondern genauso auch bei Männern. Deswegen heißt das jetzt nicht mehr Female Athlete Triade, weil es eben nicht nur drei Symptome sind und auch nicht nur bei Frauen auftritt, sondern heißt jetzt relatives Energiedefizit im Sport.
Relatives Energiedefizit ist auch kein besonders sexy Begriff dafür.
Ja, die andere Variante wäre noch LEA für Low Energy Availability. Das sind so die beiden Sachen, die die kursieren.
Muss denn Sporternährung bei Frauen anders aussehen? Also geht man da auf den Zyklus ein oder irgendwelche anderen Besonderheiten?
Eine ganz spannende Frage, die wir, glaube ich, in allen Gesundheitsberufen gerade erst anfangen mitzudenken und zu beantworten oder nach Antworten zu suchen in der Forschung und auch in der Praxis. Ganz viele Studien werden einfach mit Männern durchgeführt, auch in der Sporternährung, was daran liegt, dass eben der Zyklus so Effekte hat, die signifikant sein können, was Energiebedarf angeht, was Ruheumsatz angeht, was vielleicht auch Reaktionen auf Lebensmittel und Trainingseffektivität und Trainings-Outcome haben kann und Wohlbefinden haben kann. Und da stört der Zyklus einfach in diesen wissenschaftlichen Studien, weil man das so ungut standardisieren können. Aber man fängt jetzt an, etwas spät, aber immerhin, gezielte Studien diesbezüglich durchzuführen. Also zu gucken: Reagieren denn Frauen auf bestimmte Lebensmittel oder Trainingsinterventionen anders als Männer? Macht der Hormonstatus da einen Unterschied? Macht möglicherweise eine zyklusabhängige Ernährung oder zyklusorientierte Ernährung Sinn? Momentan können wir aber noch nicht sagen, dass es ausreichend Evidenz gibt für zyklusspezifische Ernährung, also die Datenlage ist einfach noch nicht vorhanden.
Verrückt, dass das so ist oder? Also ich denke gerade im Jahr 2023…
Ja, tatsächlich ja.
Wie wichtig ist es denn beim Thema Sporternährung, wann ich esse oder trinke oder ist das egal?
Da gibt es auch wieder keine pauschalen Empfehlungen, sondern wirklich hochgradig, sag ich jetzt mal, individualisiert und auch periodisiert. Also man muss wieder schauen: Wann trainiert der Athlet/die Athletin, was machen die sonst noch den ganzen Tag über? Also wir haben viele Sportler, die studieren nebenbei oder die eine Ausbildung machen oder im Nachwuchsbereich vielleicht sogar noch in die Schule gehen und an ihrem Abitur basteln. Und dann zu gucken: Wie kann ich Training, die sonstigen Aufgaben, die sie haben in ihrem Leben, und die Ernährung optimal, ne, über den Tagesverlauf in Einklang bringen. Dann haben wir noch die individuellen Unterschiede, dass es Personen gibt, die, ja, vielleicht Unverträglichkeiten haben oder Schwierigkeiten haben, wenn sie eine Stunde vor dem Training etwas essen. Andere vertragen das wunderbar und müssen vielleicht sogar vor dem Training noch mal nur, ne, kurz vorher in den Müsliriegel beißen oder in die Banane. Also da muss man wirklich wieder individuell schauen. Welche Sportart macht derjenige oder diejenige? Was sind die Trainingsziele? Wie kriegen wir es in den individuellen Alltag integriert, die Ernährung? Und was passt dann auch für eine dauerhafte Umsetzung? Also es macht keinen Sinn so einen optimalen Plan vom Reißbrett oder aus dem Internet oder, ne, per Computerkommunikation sich zu erstellen oder erstellen zu lassen, wenn es dann für den individuellen Alltag gar nicht funktioniert.
Die Antworten sind einfach nie einfach.
Genau. Wenn es so wäre, dann könnten wir einfach einen Ernährungsplan für alle Sportler veröffentlichen und alles wäre prima. Aber wir wissen ja auch aus der Allgemeinbevölkerung, dass Ernährungsempfehlungen eben immer nur genau das sind: Empfehlungen. Und wie es jeder Einzelne umsetzt und was bei jedem Einzelnen sozusagen gut funktioniert und nicht gut funktioniert, ist extrem heterogen und unterschiedlich.
Muss man denn da immer zur Ernährungsberatung oder habe ich als Durchschnittsmensch habe ich irgendwie eine Chance, auch ohne Ernährungsberatung da einen Weg für mich zu finden? Gibt's da besonders gute Quellen, besonders klare Quellen, mit denen ich auch arbeiten könnte, wenn ich jetzt so eine ambitionierte Freizeitsportlerin bin?
Zwingend notwendig ist dann nicht, dass Sie in eine, dass sie eine Fachberatung sozusagen aufsuchen und zu einer Person gehen, die sich wirklich auf Sporternährung spezialisiert hat, wenn Sie sich das Wissen selber aneignen können. Die Schwierigkeit besteht nur darin, wirklich vertrauenswürdige Quellen zu finden, die auf evidenzbasierte Daten zurückgreift. Und gerade im Thema Sporternährung findet sich so, in der Internetrecherche und sonstigen sozialen Medien, findet sich sehr, sehr viel, von dem wir jetzt als Fachexperten, um wieder den Begriff aufzugreifen und mit dem Wort zu spielen, tatsächlich Bauchschmerzen kriegen, weil wir sagen, das kann wirklich nach hinten losgehen, das ist gesundheitsriskant, es ist nicht wissenschaftlich fundiert, wir würden da eigentlich von abraten. Wenn jemand die Expertise hat, was wir natürlich hoffen, dass viele Menschen es haben, sich die Fachliteratur anzuschauen oder zumindest in vertrauenswürdigen Quellen suchen, also das wäre eben die Seiten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in dem Fachgebiet oder in der Arbeitsgruppe Sporternährung, wo wir einige Positionspapiere schon publiziert haben. Oder auch beispielsweise beim Bundeszentrum für Ernährung, was ja wirklich für die Verbraucher wertvolle Informationen anbietet, für den Laien, auch ohne dass man da Fachliteratur lesen muss. Wenn man dort recherchiert, kann man sich sicherlich auch einen guten Ernährungsplan oder Ernährungsverhaltensweisen aneignen.
Ich muss die ganze Zeit dran denken, wenn Sie sagen, Nahrungsergänzungsmittel. Da kenne ich genug Leute, die da regelmäßig was zu sich nehmen. Oder im Internet, vor allem im Internet, begegnet mir Werbung von Influencer*innen. Wie finde ich mich denn da zurecht? Haben Sie da einen Anhaltspunkt für mich oder schreibe ich dann der DGE oder den Quellen, die Sie genannt haben? Kann ich denen noch mal schreiben und mal nachfragen, so, wie sieht es denn eigentlich damit aus, kann ich das bedenkenlos konsumieren?
Ja, Nahrungsergänzungsmittel – tatsächlich ein sehr schwieriges Feld, nicht nur in der Sporternährung, auch in der Allgemeinbevölkerung. Und wenn man schaut, wie viele neue Nahrungsergänzungsmittel da im Jahr zugelassen werden in Deutschland, kann niemand mehr so den Überblick haben. Da bewegen wir uns in Größenordnungen von etwa 35 000 pro Jahr, die auf den Markt kommen, unterschiedliche Produkte, oder die zumindest registriert werden. Die Vorgehensweise also für die Sportler, die dem Dopingkontrollsystem unterliegen, da ist unsere ganz klare Empfehlung zu schauen, also erstens sich beraten zu lassen – ist es überhaupt notwendig und bringt es etwas in meiner Sportart? Da gibt es auch vom Internationalen Olympischen Komitee so ein Entscheidungsbaum, ja, an dem man sich langhangeln kann, am besten dann doch mit Fachpersonal, also Sportmediziner/-medizinerin oder Ernährungsberater/Ernährungsberaterin. Das wäre so der erste Schritt. Und dann nochmal zu schauen, bevor man sich für oder gegen ein Supplement entscheidet, ist es auf der Kölner Liste gelistet? Die Kölner Liste listet Nahrungsergänzungsmittel beziehungsweise ausgewählte Chargen davon, die geprüft wurden auf dopingrelevante Verunreinigungen. Weil da wissen wir einfach, international ist nach wie vor der Prozentsatz an dopingrelevanten verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln sehr hoch, ja, und das betrifft durch die Bank weg oder kann durch die Bank weg alle Wirkstoffe, ja, betreffen. Also die Vitamin C-Brausetablette genauso wie Magnesiumpulver oder was auch immer. Und da ist natürlich dann unsere Aufgabe als Ernährungsberater*innen im Sport, die Sportler vor einem positiven Dopingtest zu schützen. Die Freizeitsportler, die jetzt nicht dem Dopingkontrollsystem unterliegen, denen würde ich die gleiche Herangehensweise vorschlagen. Also sich anhand des IOC-Entscheidungsbaums, der ist tatsächlich frei verfügbar, mal einmal durch die Fragen entlangzuhangeln und solche Fragen zu beantworten: Wie kann ich das auch mit der normalen Ernährung erreichen? Das, was ich mit dem Supplement erreichen möchte, habe ich in diesem Wirkstoff oder bei diesem Wirkstoff bei diesem Nährstoff überhaupt einen Mangel? Und ist dieses Supplement sicher? Also bekomme ich davon keine Gesundheitsrisiken oder hole ich mir damit keine Gesundheitsrisiken ins Haus? Weil eigentlich will ich ja wahrscheinlich was Gutes tun. Und gibt es hinreichende Evidenz, dass dieses Supplement im Sport tatsächlich auch wirkt und eben sicher wirkt, ohne Schaden anzurichten? Das sind so ein paar Beispielfragen, die man sich natürlich stellen sollte. Und wenn man feststellt: Okay, ich habe meine Ernährung noch gar nicht ausgereizt. Dann ist es natürlich der einfachste Weg zu sagen, ich hole mir irgendwie die Magnesiumbrausetablette aus dem Supermarkt oder aus dem Drogeriemarkt. Aber der nächste Schritt wäre dann zu gucken: Okay, wie krieg ich das eigentlich mit meiner Ernährung hin? Und möglicherweise ist das total einfach, weil ich einfach ein paar kleinere Umstellungen vornehmen muss und dann ist mein Magnesiumbedarf oder mein, ne, Eisenbedarf oder was auch immer, durch normale Ernährung gedeckt. Und das ist auch etwas, was wir immer empfehlen. Wir bezeichnen das als sogenannten Food First Approach, also „zuerst echtes Essen“ nenne ich das immer. Und dann irgendwelche Pülverchen und Tabletten, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
Es ist einfach so verlockend, wenn man… Also ich koche ungern tatsächlich. Also … sagen, kochen ist nicht meine größte Leidenschaft. Und wenn man dann denkt: Oh, vielleicht darf ich ja einen Mangel X oder Y… Ich habe bestimmt einen Vitamin C-Mangel, weil ich habe schon so lange keinen Apfel mehr gegessen, jetzt so ganz stumpf. Und diese, diese Tablette, die sortiert das, dann muss ich mich nicht weiter drum kümmern. Ich verstehe schon, dass das verlockend einfach ist.
Ich versteh das auch, gerade wenn man viel Sport treibt. Und es ist aus meiner Wahrnehmung auch genau die Angst, mit der Nahrungsergänzungsmittelhersteller spielen und die Sportler und Sportlerinnen adressieren. So nach dem Motto: Du hast deinem Körper gerade so viel abverlangt, du hast so viel geschwitzt, du hast bestimmt ganz viel gerade verloren und im Alltag ist es schwierig, gesund und ausgewogen sich zu ernähren und in den heutigen Lebensmitteln steckt nichts mehr drin. Das sind ja die Mythen, die so kursieren, die aber überhaupt nicht belegt sind und die de facto auch nicht stimmen. Aber genau mit diesen Ängsten wird glaube ich gearbeitet. Letztendlich muss man sagen, man muss auch noch mal unterscheiden, ob man nur die Zufuhrempfehlungen nicht erreicht oder ob man einen tatsächlichen Mangel hat. Also wenn es mir nicht gelingen sollte, beim, gerade beim Vitamin C ist es fast unmöglich, wenn man halbwegs ab und an mal Obst und Gemüse isst oder Kartoffeln, einen Vitamin C-Mangel zu bekommen. Aber wenn es mir nicht gelingen sollte, über die Ernährung die Zufuhrempfehlung zu erreichen, muss das noch lange nicht heißen, dass ich einen Mangel hab. Weil die Zufuhrempfehlungen sind mit einem solchen Sicherheitszuschlag, dass wirklich 98 % der Bevölkerung, auch diejenigen, die den Empfehlungen zur körperlichen Aktivität entsprechen, damit gut abgedeckt sind. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man selber gerade zu den, ne, 98 % oder deutlich darunter gehört, also mit deutlich weniger klarkommt und braucht, als die Empfehlung vorgeben – die Chance ist doch relativ hoch.
Was ich mich gerade noch gefragt habe, wir hatten es jetzt über Nahrungsergänzungsmittel, also hauptsächlich aus dem Internet. Ist das denn ein Unterschied, wenn ich das, wenn ich solche Sachen nicht im Internet kaufe, sondern in meinem Drogeriemarkt um die Ecke oder im Supermarkt? Gehen die durch andere Freigabekriterien oder ist das das gleiche?
Also es ist insofern ein höheres Risiko, Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet zu beziehen, weil Sie dann auch Nahrungsergänzungsmittel beziehen können, die nicht dem Deutschen Recht beziehungsweise der deutschen Nahrungsergänzungsmittelverordnung entsprechen können, weil Sie eben aus allen Ländern Produkte beziehen können und das im Detail ja nicht, nicht nachverfolgt ist und oder verfolgt werden kann und ja auch absolut in Ordnung ist, wenn Sie aus irgendwelchen anderen Ländern Nahrungsergänzungsmittel beziehen, die aber dann möglicherweise unseren Verordnungen nicht entsprechen und ein höheres Risiko aufweisen können für dopingrelevante Verunreinigungen oder auch Verunreinigungen mit Schwermetallen beispielsweise. Also bei Ayurveda-Produkten ist das häufig nachgewiesen, dass die mit Schwermetallen verunreinigt sind, mit Blei beispielsweise. Ob jetzt ein großer Vorteil besteht, wenn ich das sozusagen in Person, in Präsenz im Drogeriemarkt kaufe, würde ich erstmal infrage stellen. Aber einen Vorteil hätten Sie, wenn Sie in die Apotheke gehen, weil Sie sich dort natürlich von Fachpersonal, von pharmazeutischen Fachpersonal wieder beraten lassen können. Und wenn sie ein Präparat nutzen, wo sie denken, ich habe da möglicherweise einen Mangel, auch Präparate nutzen könnten von der sogenannten Roten Liste, die ein minimales bis nicht vorhandenes Dopingrisiko haben oder Risiko für Verunreinigung. Weil Präparate von der Roten Liste eben dem Arzneimittelgesetz unterliegen und entsprechend auch sicher sind verglichen mit den Produkten, die sie im Supermarkt kaufen können oder im Drogeriemarkt.
Was auch immer so rumgeistert sind die Inhaltsstoffe Taurin, L-Carnitin oder Koffein zur Leistungssteigerung. Was ist denn da dran?
Genau, L-Carnitin und Taurin, würde ich mal sagen, die sind inzwischen schon wieder, geistern nicht mehr so stark rum, das ist schon nicht mehr so in Mode. Koffein kann tatsächlich in ausgewählten Situationen und spezifischen Sportarten zur Leistungssteigerung beitragen oder die Leistungserbringung unterstützen, sagen wir mal so. Das betrifft zum Beispiel die Ausdauersportarten. Beispiel Marathon, Kilometer 35, ne, die kognitive Leistungsfähigkeit, die sinkt, die Ermüdung, die, auch die kognitive Ermüdung und auch die muskuläre Ermüdung sind auf einem relativ hohen Niveau. Dann kann Koffein das Eintreten der Ermüdung etwas verzögern erhöht die Bereitstellung von Glukose und, wie gesagt, die kognitive Ermüdung kann verzögert werden. Es gibt noch ein paar interessante Studien, die zeigen, dass im Fußball die Torschussfähigkeit oder die die Treffsicherheit des Tores erhöht werden kann durch Koffein.
Nein.
Ja finde ich auch interessant. Ich glaube aber auch, dass das wieder bei ausgewählten Personen der Fall ist. Also wenn ich mit meinen Kindern Fußball spiele und vorher eine Tasse Kaffee trinke, dann wirkt das wahrscheinlich nicht so. Also ich glaube, da macht der Kaffee nicht so viel aus. Genau. Insgesamt muss man sagen, es gibt sehr wenige sogenannte ergogene Substanzen, ergogene, leistungssteigernde oder die als leistungssteigernde Substanzen beworben werden. Das ist eben zum einen das das Koffein, es kann das Kreatin in kraftintensiven Sportarten sein – also es nutzt wieder nichts bei anderen Sportarten, beim Tontaubenschießen beispielsweise – und es sind sogenannte Puffersubstanzen, also β-Alanin und Hydrogencarbonat, was Laktat abpuffern kann bei Kurzzeitausdauerbelastung, also laktaziden Belastung wie 800-Meter-Lauf, 400-Meter-Lauf, 1500-Meter-Lauf. Und alles andere, was so vermarktet wird und scheinbar die Leistungsfähigkeit steigert, entsprechend so verkauft und den Athleten suggeriert wird, ist evidenzbasiert nicht haltbar. Also es sind wirklich sehr, sehr wenige Substanzen.
Ist wahrscheinlich viel Kopf, der da mitmacht, viel Placebo, wenn man da auf was schwört, vielleicht. Kann ich mir vorstellen, ich weiß es nicht, ich bin keine Leistungssportlerin, absolut nicht.
Wie sieht es denn gerade – also ich weiß gar nicht, ob es richtig ist, wenn ich sag Profisport, aber wir haben es ja schon bei, vielleicht Spitzensport – wie sieht es denn im Spitzensport aus mit der Ernährungswissenschaft? Wie entwickelt sich die da gerade? Was, was sind da die großen Themen? Was passiert da gerade?
Muss man vielleicht ein bisschen differenzieren, je nach Nation. Also ich würde sagen, international ist die Sporternährung und auch die Exercise Physiology, das geht so ein bisschen ineinander über, relativ gut aufgestellt. Und schaut wirklich im Spitzensport, welche Ernährungsstrategien, Ernährungsweisen können einzelne Trainingsziele optimal unterstützen. Also solche Sachen wie periodisierte Kohlenhydratzufuhr oder auch Timing der Proteinzufuhr im Kraftsport. Das sind so Aspekte, wo es sehr gute evidenzbasierte Studien gibt. Oder auch was kann ich in der Hitze mit Ernährung machen, dass ich sozusagen eine bessere Hitzeverträglichkeit habe und in der Hitze besser performen kann. In Deutschland ist es noch ein sehr junges Feld, die Sporternährung, und ist auch ein hochgradig interdisziplinäres Feld, eben aus Ernährungswissenschaft und vielleicht auch sportmedizinischen Aspekten. Und da habe ich so den Eindruck, da tut sich gerade sehr viel, auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen diesen verschiedenen Forschungsfeldern entwickelt sich. Und es werden immer mehr Studien diesbezüglich gemacht, die auch, sag ich mal, den, den wissenschaftlichen Anforderungen standhalten. Also wirklich gut gemachte, kontrollierte randomisierte Studien. Und da erwarte ich eigentlich im, in den nächsten Jahren noch ganz viele spannende Erkenntnisse, auch aus Deutschland heraus, ja.
Welche Länder sind denn Deutschland voraus? Beim Thema Sporternährung in der Forschung?
Also ich würde jetzt mal als, beispielhaft als Ikone Australien nennen.
Okay.
Die haben da wirklich, ne, das Australian Institute of Sports, da relativ große Abteilungen, die sowohl praxisnah Athleten begleiten in der Sporternährung als das auch mit wirklich guten Studien forschungsfundiert sozusagen dann auch publizieren und den anderen Nationen mit zur Verfügung stellen.
Wieso ist denn Deutschland da hin… Hinterher klingt so, na ja, noch kleiner. Warum ist denn die, dieses Feld in Deutschland noch kleiner als anderswo?
Das kann ich gar nicht genau sagen, woran das liegt. Aber Tatsache ist, dass man bei uns in Deutschland momentan Sporternährung beispielsweise noch nicht studieren kann. Es gibt ein paar Studiengänge, die auch alle sehr jung sind, also vielleicht fünf, maximal zehn Jahre alt, wo man vielleicht solche Sachen wie Ernährung und Bewegung oder Ernährung und Sport studieren kann. Aber direkt Sporternährung kann man noch nicht studieren. Deswegen gibt es auch relativ wenig Leute, die dann in dem Forschungsfeld dann promovieren und weiter forschen. Also meistens sind das eben interdisziplinäre Teams, wie gesagt aus, aus Ernährungswissenschaftlern, Ökotrophologen, Sportmedizinern und vielleicht auch Sportwissenschaftlern, die sich dann irgendwie zusammentun und im Gebiet der Sporternährung forschen.
Spannend, weil ich habe gerade so das Gefühl, aber vielleicht täuscht das ja auch, aber im Moment ist ja gerade auf Social Media total so… Es gibt so einen Fitnessstudio Trend, so einen Kraftsporttrend. Auch vermehrt sehe ich das bei Frauen, die dann plötzlich mit Sixpack unterwegs sind und in engen Leggings irgendwelche TikToks dazu machen, wie sie, weiß ich nicht, wie sie heute schon wieder im Fitnessstudio waren. Und dann denke ich so, eigentlich, ist das gerade so ein großes Thema, da hätte ich gedacht, dass es da, ja, weiß ich nicht, dass es da vielleicht in Deutschland noch mehr gibt. Ist das eigentlich neu? Ist es, merken Sie, dass das Interesse massiv gestiegen ist in den letzten Jahren?
Das ist immer so, so eine gefühlte und versus…
Ja…
… versus fundierbare Aussage. Also ich glaube, dass mit diesen Social-Media-Trends und der Verfügbarkeit, ne, in Sekundenschnelle mal schnell irgendwas durchzuscrollen, scheinbar das Interesse sowohl an gesunder Ernährung, als auch an nachhaltiger Ernährung, als auch an Sporternährung gestiegen ist. Aber kritischer Weise muss man sagen, da bewegt man sich ja immer so in seiner eigenen Blase. Also in dem Moment, wo ich da irgendwas anscrolle, oder anklicke und durchscrolle, krieg ich auch wieder mehr Input diesbezüglich und dann erweckt das bei mir den Eindruck, dass da gerade ganz viel passiert. Jemand anderes, der sich für diesen Bereich überhaupt nicht interessiert, bei dem tauchen dann wieder ganz andere Sachen auf. Insofern ist das schwer, wirklich zu, zu objektivieren, ob das tatsächlich jetzt mehr Interesse auch in der breiten Bevölkerung stößt, oder ob das wieder, ja, ein kleines Klientel ist sozusagen, was das betrifft.
Vielleicht habe ich einmal zu oft auf YouTube ein Yoga-Video angemacht oder so ein Home-Workout so… Während Corona war das ja, also in meiner Welt war das sehr beliebt, so: Ich muss mich irgendwie bewegen, ich mache irgendwas an. Und das schwappt dann über auf die anderen Social-Media-Kanäle und dann kriege ich nur so hypersportliche Leute angezeigt, die erst mal eine Superfood-Chia-Irgendwas-Bowl mit Pulver drüber frühstücken.
Ja, genau. Aber das sind genau die Sachen, die erreichen ganz viele Leute, ganz viele Personen, ne, mit deutlich höheren Wirkungsgrad, sage ich jetzt mal, oder Erreichungsgrad, als wir das vielleicht mit wissenschaftlichen Publikationen machen können oder erreichen können. Aber der, wirklich die Evidenz dafür, dass jetzt die – wie war das Chiasamen-Protein oder was auch immer…
Alles zusammen.
… dass das notwendig ist und dass das besser wäre, als unsere heimischen, regionalen, saisonalen Produkte, würde ich mal ein großes Fragezeichen dahinter machen. Und genau das ist das Problem, was wir gerade haben. Das ist natürlich, ne, das ploppt so auf, dass sieht toll aus, die Menschen, die das posten sehen toll aus, und dann haben andere Menschen das Gefühl: Ich muss genau das nachkochen und wenn ich das nicht mache, bin ich kein guter Sportler oder keine gute Sportlerin. Was aber wirklich wissenschaftlich nicht haltbar ist.
Ja, wir sind jetzt querbeet durch alle möglichen Themen zum Thema Sporternährung durch. Weil für mich ist das einfach auch ein neues Thema. Ich bin noch am Orientieren: Okay, was gibt es denn da alles? Der Begriff ambitionierte Freizeitsportlerin geht glaube ich nie wieder aus meinem Gehirn raus. Und ab wann muss ich anfangen, mir darüber Gedanken zu machen? Wo sind die Unterschiede? Wie kann ich mich orientieren in dieser Welt, die mir ständig irgendwelche Dinge verkaufen will? Und da bin ich, dank Ihrer Antworten, auf jeden Fall ein ganz, ganz großes Stück weitergekommen. Vielleicht wird ja doch mal irgendwas mit mir als Spitzensportlerin. Vielen Dank!
Ja, toi, toi, toi, viel Erfolg dabei und ich bedank mich auch für die Fragen.
Okay, wir halten fest: Ich darf nach dem Sport Döner essen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Und wir halten auch fest übrigens, dass ich glaube ich am Ende von jeder Folge irgendwie verkünden kann, dass ich mich freue, dass ich irgendwas darf, von dem ich dachte, dass ich es nicht dürfen würde. Und das ist eigentlich doch auch ein gutes Zeichen. Das zeigt auch einfach, was für eine Schere ich im Kopf habe, dass ich immer denke: Oh, gesunde Ernährung, das macht bestimmt keinen Spaß. Jedenfalls hat Frau Carlsohn meinen Döner genehmigt und insgesamt brauche ich bei meinem Sportleben keine Spezialernährung in irgendeiner Form.
Aber sollte mich doch mal der Ehrgeiz packen, dann wäre eine Beratung nicht schlecht. Weil Sport nicht gleich Sport ist und das ganze sowieso sehr individuell ist. Was ja dann auch wieder bedeutet, dass allgemeine Tipps aus dem Internet zur Sporternährung nicht so richtig zielführend sind. Überraschung. Wenn bei mir also alles so bleibt, wie es ist, also irgendwie auf einem halbwegs durchschnittlichen Sportlevel unter Leuten, die halt auch irgendwie Sport machen, dann brauche ich mir auch keine Gedanken um Nahrungsergänzungsmittel zu machen.
Dazu sagte Frau Carlsohn, dass ein Food First Approach besser wäre, also, dass man immer lieber echtes Essen zu sich nimmt statt Tabletten oder Pulver. Das ist eigentlich auch nicht so überraschend. Aber manchmal wünschte man sich ja, dass es ein Wunderpülverchen oder ein Wundertablettchen gäbe, was man sich einfach einschmeißt. Da muss man sich keine Gedanken mehr machen. Ja, sorry, den Mythos habe ich debunked. Also Frau Carlsohn hat den Mythos debunked.
Ja, in der nächsten Folge geht es dann um Gemeinschaftsverpflegung. Und das ist einerseits ein super Begriff zum Galgenmännchenspielen und andererseits ist es die Bezeichnung für Essen für größere Gruppen, so wie z. B. in Kitas oder in Senior*inneneinrichtungen.
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[Musik]
„Wie wollen wir essen?“ ist eine Produktion von Escucha – Kultur für’s Ohr – im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Skript und Konzept von Manuela Michel, Theresa Maria Ting und Lukas Fleischmann. Moderation: Henriette Schreurs. Technische Umsetzung und Produktion: Escucha.
Sportlehrerin
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