Fit und gesund! - Ernährung beim Hobby- und Leistungssport mit Prof. Anja Carlsohn (S2F3)

Shownotes

Zur Sporternährung hat die DGE eine eigene YouTube-Playlist zusammengestellt – schaut gerne mal rein.

In unserem Magazin DGEwissen, Ausgabe 11/2023, findet ihr einen Artikel speziell zur Ernährung von Sportlerinnen. Die Ausgabe ist für Abonnent*innen kostenfrei über die DGEwissen-App oder online abrufbar.

Wenn ihr noch tiefer in das Thema einsteigen wollt: Die DGE-Arbeitsgruppe Sporternährung hat mehrere Positionen zu den verschiedenen Bereichen der Sporternährung veröffentlicht. Ihr findet sie hier.

Die Publikation über die Einteilung der Athleten findet ihr kostenpflichtig hier.

Der IOC-Entscheidungsbaum über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln hat Frau Carlsohn ins Deutsche übersetzt. Ihr findet ihn als Tabellen in einem kostenfreien Artikel, ab S. 160, oder im englischen Original.

Transkript anzeigen

Wie wollen wir essen?

Ein Podcast der Deutschen Gesellschaft fr Ernhrung e. V.

Transkript von Staffel 2, Folge 3 - Fit und gesund!

Inhaltsbersicht:

- Intro Seite 1

- Feature Seite 1

- Talk mit Prof. Anja Carlsohn Seite 3

- Fazit Seite 17

- Outro Seite 18

Sprecher*innen:

AC - Prof. Anja Carlsohn, Ernhrungswissenschaftlerin

HS - Henriette Schreurs, Moderatorin

LS - Lars Soltek, Leiter Internat DOSP Hamburg

RW - Ralph Wrschinger, Escucha

Intro

HS

[Musik]

Hallo zur dritten Folge von "Wie wollen wir essen?", dem Podcast der Deutschen

Gesellschaft fr Ernhrung. Ich bin Henriette Schreurs und in dieser Staffel geht es

um Essenstipps - welche es gibt und wie sinnvoll die sind. Dazu spreche ich mit

Leuten, die sich damit auskennen, z. B. mit Ernhrungsberater*innen und

Expert*innen aus der Wissenschaft.

In dieser Folge liegt der Themenbereich Sport und Ernhrung auf meinem

Podcast-Teller. Im Internet und garantiert auch in Fitnessstudios und berall, wo

Leute, die Sport machen, irgendwie beieinandersitzen, gibt's unendlich viele

Tipps, was die Leistung am besten steigert und was beim Muskelaufbau hilft und

was einfach allgemein gut fr den Sportlerkrper ist. Und ich hab gar keine

Ahnung, was da jetzt wirklich Mythos ist und was wirklich was bringt. Ich habe

also viele Fragen. Und da ist es doch besonders gut, dass es diesen Podcast gibt

und ich meine Fragen immer wieder kompetenten Leuten stellen kann.

Bevor ich aber ins Gesprch mit meiner heutigen Gstin gehe, geht's an einen Ort,

an dem es den ganzen Tag nur um Sport geht: An ein Sportinternat. Und zwar

nicht an irgendeines, sondern an das Internat der Nachwuchssportler*innen in

Hamburg am Olympiasttzpunkt.

[00:00]

Feature/Reportage

LS

Hier stehen vor uns zwei Khlschrnke, einer ist ein schner silberner

Khlschrank, wie man sich das so vorstellt. Der ist von oben bis unten bestckt.

Hier sind Aufschnitte drin, hier ist Milch drin, hier sind verschiedene

Joghurtsorten drin, hier ist...

[01:20]

RW

Das ist Lars Soltek. Er leitet das Internat am Olympiasttzpunkt Hamburg. Gerade

gibt er eine Fhrung durch die ca. 70 m groe Mensa der angehenden

Profisportler*innen - Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 13 bis

Anfang 20 Jahren.

[01:33]

LS

Und dann haben wir hier auf der anderen Seite, haben wir so einen alten

Flaschenkhlschrank hier - also nicht alt, den haben wir neu gekauft - daneben

stehen mit so einem Sichtfenster. Und da sieht man auf verschiedenen Ebenen

vorgeschnittenes Gemse drin. Das war uns auch wichtig und das war auch

unserer Ernhrungsberaterin wichtig am Olympiasttzpunkt, dass die gesunden

Lebensmittel in den Mittelpunkt rcken und die Jugendlichen die sehen damit sie

darauf als Erstes zugreifen.

[01:50]

RW

Zu jeder Tages- und Nachtzeit knnen sich die 25 Bewohner*innen hier selbst

verpflegen. Mit Gemse, Kse und anderen Toppings knnen sie sich in einer

Mikrowelle Wraps warmmachen oder sie stellen sich ihr eigenes Msli

zusammen. Einmal pro Tag bereitet auerdem ein Kchenteam eine warme

Mahlzeit fr alle zu. Personalisiert, also auf die individuellen krperlichen

Bedrfnisse der Sporttreibenden abgestimmt, geht allerdings nicht, weder

finanziell noch organisatorisch. Weil jemand, der rudert, einen anderen

Ernhrungsbedarf hat als jemand, der Badminton spielt, kommt den einzelnen

Sportverbnden eine wichtige Rolle zu: Sie bieten den Sportler*innen

Ernhrungskurse an und stellen Essensplne auf. Die Do's und Don'ts umzusetzen

- das liegt bei den Sportler*innen selbst. Lars Soltek und sein Team lassen die

Zgel locker, beobachten aber aufmerksam.

[02:13]

LS

Wenn jemand ganz weit weg ist von dem, was wir so auch von den

Ernhrungsberaterinnen so mitberaten bekommen haben, dann sprechen wir die

Leute an. Und wenn wir merken, das ntzt nichts, dann sprechen wir mit dem

nochmal richtig und sagen: Pass auf, also ich glaube, bei dir wre eine

Ernhrungsberatung ganz gut angebracht, dass du mal so ein paar Basics lernst

und mal schaust, wie isst du eigentlich wirklich, dich mal beobachtest und das mit

einem Profi besprichst.

[03:06]

RW

Wer sich richtig ernhrt, hat Vorteile im Sport: Schnellerer Muskelaufbau, krzere

Regenerationsphasen, geringere Anflligkeit fr Krankheiten. Aber nicht jeder

bringt von Anfang an dieses Wissen mit. Um Entscheidungen zu erleichtern, hat

Lars Soltek neben den Khlschrnken eine Ernhrungsampel aufgehngt.

[03:30]

LS

Welche Nahrungsmittel eher gut sind und welche so Mittelklasse-prchtig sind,

also in Gelb dann, und welche nicht so gut sind in Rot. Und die stehen dann da

auch drunter. Das ist eine Empfehlung von den Ernhrungsberater*innen, die auf

der DOSB, also dem Deutschen Olympischen Sportbund, zusammengetreten sind,

diesen Leitfaden errichtet haben und dann also tatschlich hier Vorschlge

gemacht haben, wann welches Nahrungsmittel gut ist. Ich finde, es ist eine gute

Orientierung, um sich das einzuprgen, was soll ich eigentlich im Alltag machen.

Und am Ende ist es auch eine Frage von Gewohnheiten, wozu man greift.

[03:50]

RW

Ein Beispiel bei den Milchprodukten: Die Ampel steht auf Grn bei Naturjoghurt

mit einem Fettgehalt von bis zu 0,4 Prozent. Gelb ist Naturjoghurt mit 10 Prozent

Fettgehalt. Zum Hintergrund: Die Sportler*innen mssen je nach Sportart auf ihre

Energiezufuhr achten. Mit den fettarmen Milchprodukten geht das einfacher. Die

fettreicheren, gelb-markierten, sollten in diesen Fllen nicht so oft gewhlt

werden.

Stndig auf Kalorien, Proteine und Aminosurenbilanz zu achten, kann aber auch

sehr anstrengend sein. Darum sorgt der Internatsleiter dafr, dass sich seine

Bewohner*innen von Zeit zu Zeit mal etwas nicht ganz so Gesundes gnnen

drfen.

[04:22]

LS

Das hren vielleicht Ernhrungsberater nicht so gerne, aber es muss auch mal

einen Burger geben hier. Die Jungs und Mdels hauen hier so viele Kalorien durch

am Tag. Also das macht denen nichts aus. Und es gibt auch welche, die haben

nicht so ein hohes Budget. Es gibt welche die kommen aus guten Elternhusern,

die gehen auch gerne irgendwo mal essen. Und es gibt welche, die haben nicht so

viel Geld, und ich finde, auch die mssen mal in den Genuss kommen.

[05:03]

RW

Ob das Cheaten erlaubt ist, ab welchem Fitnesslevel man was essen sollte und wie

sinnvoll Nahrungsergnzungsmittel sind, darum geht es gleich im Interview mit

Anja Carlsohn. Sie ist Professorin fr Ernhrungswissenschaft an der HAW

Hamburg, spezialisiert auf Ernhrung fr Sportler*innen.

[Musik]

[05:25]

Talk

HS

Hallo Frau Carlsson, schn, dass Sie bei uns im Podcast sind!

[05:46]

AC

Schnen guten Tag, schn, dass ich da sein darf.

[05:49]

HS

Ich bin schon total gespannt, worber wir heute insgesamt reden. Also unser

Thema ist ja Sporternhrung und dafr sind Sie die perfekte Expertin fr heute.

Und ich wrde aber gerne starten mit ein paar kurzen Fragen, um, um

reinzukommen, zum Aufwrmen und zum besser Kennenlernen.

[05:52]

AC

Wunderbar, so machen wir das.

[06:07]

HS

Die erste schne kurze Frage ist: Was war ihr kuriosestes Esserlebnis?

[06:09]

AC

Mein kuriosestes Esserlebnis. Msste ich berlegen. Fllt mir spontan nicht viel

ein, auer dass ich, genau, irgendwann mal - es muss um 1998 gewesen sein -

beim Tokio-Halbmarathon war als Abgeordnete sozusagen der Berliner

Delegation. Und interessant fand, dass in Tokio, wahrscheinlich berall in Asien,

statt Speisekarten die Lebensmittel in Plastik oder Kunststoff ausgestellt werden.

Also man sieht dann beim Betreten des Lokals solche nachgestellten Speisen, aber

eben nicht echt, sondern aus Kunststoff. Das sieht, ne, tuschend echt aus. Was

einem aber hilft, wenn man die asiatischen Sprachzeichen oder Schriftzeichen

nicht kann, zu erahnen, was dort auf dem Teller ist.

[06:14]

HS

Ja, ich glaube, das habe ich schon mal auf Bildern gesehen. Mir fllt jetzt gerade

nur ein, dass in manchen Kantinen wird ja so ein Beispielteller hingestellt, aber

das ist ein echtes Essen, was danach aber ja keiner mehr essen will. Das ist ja

irgendwie schade.

[07:01]

AC

Und was auch aus Nachhaltigkeitsperspektive glaube ich nicht so gut ist, wenn das

jeden Tag weggeschmissen wird.

[07:10]

HS

Nee, wahrscheinlich nicht. Aber haben Sie denn da auch was davon dann

gegessen? Hat es Sie dazu verleitet, was auszuprobieren?

[07:16]

AC

Also das waren ja alle Gerichte, die da, ne, man zeigte dann einfach mit dem

Finger da drauf, was man haben wollte, was am interessantesten oder am

leckersten aussah oder am verzehrfhigsten. Manches konnte man ja nicht so

richtig zuordnen, aber... Genau, also statt Speisekarte drauf zeigen, was man

haben will.

[07:22]

HS

Finde ich einen sehr einfachen Weg der Kommunikation. Wie sieht Ihr Ess-Alltag

wohl in 20 Jahren aus?

[07:38]

AC

Auch wieder so eine komplizierte Frage. Ja...

[07:46]

HS

Ja.

[07:48]

AC

Ich hoffe, ich hoffe auch in 20 Jahren noch gesundheitsfrderlich, sportgerecht

und nachhaltig oder nachhaltiger, weil sich wahrscheinlich - hoffe ich zumindest -

das Angebot in den Supermrkten dahin weiterentwickelt, dass wir mehr

nachhaltigere Speisen haben. Aber ansonsten hoffe ich, dass ich weiterhin auch

das esse, was mir schmeckt und was mir Freude in der Zubereitung bringt und, ja,

ohne mich da auf einzelne Lebensmittel festzulegen.

[07:49]

HS

Was haben Sie frher gegessen, was Sie heute nicht mehr essen wrden?

[08:16]

AC

Ich habe frher als Sportlerin, also ich war ja Marathonluferin, habe ich deutlich

mehr Pasta gegessen, was ich heute nicht mehr so mache. Einfach, weil ich das 15

Jahre lang, ne, im Carboloading sehr ausfhrlich gegessen habe, in den

unterschiedlichsten Variationen. Das heit, wenn ich jetzt ins Restaurant gehe,

bestelle ich selten Pasta.

[08:20]

HS

Da sind wir eigentlich auch schon fast beim Thema. Aber da reden wir spter

drber. Da bin ich gespannt, was Sie erzhlen zum Thema Kohlenhydrate und

Marathonlauf.

Erstmal die nchste Frage: Welche gngige Ernhrungsempfehlung oder so ein

Ernhrungsmythos finden Sie unntig?

[08:40]

AC

Von den aktuellen Trends gesehen sind solche Sachen wie ketogene Ernhrung im

Sport, ja, mit dem Ziel, Gewicht zu reduzieren, oder auch bei Nichtsportler mit

dem Ziel, Gewicht zu reduzieren, unntig, weil es einfach so nicht funktioniert

oder nicht berlegen ist verglichen mit anderen Ernhrungsformen. Und generell

so Trends, die irgendwie vermarktet werden, gerade auf den sozialen Medien,

die, die nicht haltbar sind und im schlimmsten Fall sogar gesundheitsgefhrdend

sind. Wo man aber auch nicht gegen ankommt, ne, mit plausiblen Texten und

Publikationen.

[08:54]

HS

TikTok hat gesagt, das ist richtig so.

[09:28]

AC

Genau.

[09:30]

HS

Was war noch mal ketogen?

[09:31]

AC

Ketogen ist extrem kohlenhydratarme Ernhrung, also so unter 50 Gramm am

Tag, wo es also auch mit, mit Obst und Gemse schon echt schwer wird, sich noch

adquat zu ernhren, weil einfach ja Obst und Gemse auch schon Kohlenhydrate

enthalten. Das heit, eine Ernhrungsform, die extrem einseitig ist, was die

Lebensmittelauswahl angeht, aber auch was eben die Nhrstoffversorgung

angeht.

[09:33]

HS

Ich hatte gerade den Impuls sagen, "oh Gott, ich wrde verhungern", aber das ist

wahrscheinlich gar nicht so witzig, weil wenn man das bertreibt, dann ist das

wahrscheinlich gar nicht so weit weg davon. Sehr, ja, ...

Letzte Frage: Was ist Ihr Lieblingssport?

[09:53]

AC

Der Ausdauersport. Also ich bin Luferin.

[10:05]

HS

Laufen Sie viel?

[10:08]

AC

Jetzt nicht mehr so viel wie frher. Wie gesagt, ich war frher Marathonluferin,

auch im Bundeskader und so weiter. Jetzt, so im vollen Arbeitsalltag mit Kindern,

gucke ich was geht. Aber ich laufe noch, also bin wieder angemeldet fr den

Hamburg-Marathon im April. Also muss mal wieder loslegen mit den hheren

Umfngen, aber momentan noch nicht.

[10:09]

HS

Was war zuerst da - Ihr Leben als Forscherin im Bereich Sporternhrung oder die

Sportleidenschaft?

[10:27]

AC

Ich war zuerst Sportlerin und hab dann mich aus dem Sport heraus entschieden,

Ernhrungswissenschaften zu studieren und bin dann in diesem Gebiet sozusagen

aufgegangen.

[10:33]

HS

Ab wann zhle ich eigentlich als Sportlerin? Also wenn ich jetzt einmal die Woche,

wei ich nicht, eine halbe Stunde joggen gehe, muss ich dann schon gucken, dass

ich auf Sporternhrung umstelle oder wie, wie ist denn das so?

[10:43]

AC

Sehr gute Frage, diskutiere ich auch immer mit meinen Studierenden. Gar nicht so

einfach zu beantworten, vor allem fr diejenigen, die neu mit dem Sport anfangen

und, ja, in ihrem Alltag etwas ndern. Also die klassische, ich sag jetzt mal

Definition oder die die Einteilung, an der wir uns orientieren, ist die Aussage:

Mindestens fnf Stunden Sport pro Woche. Das liegt einfach daran, dass die WHO

empfiehlt, mindestens 150 Minuten Sport in der Woche zu treiben, moderat bis

intensive krperliche Belastung, also zweieinhalb Stunden. Und wenn man das

erreicht, dann hat man gerade mal, so sagt die WHO, ein Ausgleich fr die

berwiegend sitzende Ttigkeit. Das heit, ich muss erst ein bisschen mehr mich

bewegen als das, was ich fr meine Gesunderhaltung eigentlich brauche, um zu

sagen, ich bin ein Sportler oder auf spezielle Sporternhrungsregeln

zurckzugreifen. Man muss auch sagen, dass die Empfehlungen fr die

Allgemeinbevlkerung ja ein Mindestma an krperlicher Aktivitt

bercksichtigen, also eben diese hoffentlich 150 Minuten, die wir brauchen pro

Woche, um gesund zu bleiben.

[10:53]

HS

Das heit, ich muss mich erst mal aus dem Minusbereich auf was Neutrales, auf

ein neutrales Level bewegen mit zweieinhalb Stunden pro Woche. Uh, da komme

ich drber. Gott sei Dank, Glck gehabt. Und dann, und dann kann ich anfangen,

mir zu berlegen, ob ich jetzt besonders viele Kohlenhydrate oder, oder Proteine

oder irgendwas brauche. Darber reden wir dann spter noch, was man denn da

eigentlich braucht.

[11:58]

AC

Aber genauso ist es, ne. Also die normalen Empfehlungen oder Empfehlungen fr

die Allgemeinbevlkerung bercksichtigen eben dieses Mindestma an

krperlicher Aktivitt. Und wenn ich jetzt berwiegend Sitze und einmal in der

Woche ins Fitnessstudio gehe, dann brauche ich nichts mehr.

[12:14]

HS

Ja, und was gibt's noch so fr Einteilungen? Da ist ja noch Luft nach oben.

[12:29]

AC

Genau, es gibt ja noch mal die dezidierte Unterscheidung zwischen

Freizeitsportlern und Athleten, ja, und die Definition fr Athleten, also es gibt

auch unterschiedliche Definitionen, aber eine, die ich gerne benutze, ist:

Personen betreiben Wettkampfsport. Also da ist so dieser Leistungsgedanke

dahinter und nicht "ich habe Freude an der Bewegung oder mache Osteoporose-

Sport fnfmal pro Woche", sondern wirklich dieser Leistungsgedanke, indem die

Athleten oder die Sportler Wettkmpfe betreiben. Und dann gibt es noch

Einteilungen anhand der Stunden, die sie da pro Woche investieren. Also fr

Spitzensportler sagt man: Das ist ihre Hauptttigkeit. Also die knnen nebenbei

vielleicht noch studieren oder arbeiten gehen, aber der Sport ist die

Hauptttigkeit, das ist so eine Definition fr den Spitzensport.

[12:33]

HS

Also wenn man jetzt sagen wrde, okay das hchste nehmen wir jetzt,

Profisportler, gibt es wahrscheinlich sehr viele Sportarten, bei denen man

insofern nicht Profi sein kann, weil man davon nicht leben kann. Und

wahrscheinlich ist das deswegen die Athleten und nicht Profisportler als

Abgrenzung zu Freizeitsportlern, oder?

[13:19]

AC

Genau, und weil uns ja aus physiologischer Sicht auch nicht interessiert, ob

jemand den Lebensunterhalt damit bestreiten kann oder Werbevertrge hat,

sondern wir tatschlich so diese physiologische metabolische Beanspruchung

bercksichtigen, um die Ernhrungsempfehlung darauf anzupassen. Wenn

jemand mit einmal in der Woche, ich wei nicht, Golf spielen, schon sein

Lebensunterhalt verdienen kann, dann hat es ja keine Effekte auf die Ernhrung

oder auf die Ernhrungsempfehlungen, die wir geben. Da steckt da so dahinter.

[13:34]

HS

Wenn ich jetzt Balletttnzerin wre an einer groen Oper, dann wre ich

wahrscheinlich Spitzensportlerin.

[14:00]

AC

Das mit hoher Wahrscheinlichkeit, ja.

[14:05]

HS

Mit hoher Wahrscheinlichkeit. Ich habe noch das schne Wort "ambitionierter

Freizeitsportler" gefunden bei meiner Recherche. Ab wann bin ich denn ein

ambitionierter Freizeitsportler?

[14:08]

AC

Genau das ist ja so Wort-, ne, -klauberei, so ein bisschen das... Tatschlich

diskutieren wir das oft mit den Studierenden, wenn sie ihre Bachelorarbeiten in

dem Bereich schreiben. Und deswegen empfehle ich immer diese publizierte

Einteilung Athleten nach Scharhag, ne, das wirklich verffentlicht wurde, woran

man sich orientieren kann. Weil es gibt so wahnsinnig viele Bezeichnungen fr

Sportler*innen, ne: Sporttreibende Freizeitsportler, Gesundheitssportler,

Freizeitsportler, Volkssportler, ambitionierte Freizeitsportler, Leistungssportler,

Spitzensportler, Nachwuchssportler und so weiter. Wenn es auf die

physiologische Beanspruchung drauf ankommt, dann macht es Sinn, einfach nach

Trainingsvolumen, also Stunden, die investiert werden, um vielleicht ber diesen

Leistungsgedanken die Motive und Ziele des Sporttreibens zu bercksichtigen.

Also ein ambitionierter Freizeitsportler, um die Frage zu beantworten, knnte ein

Wettkampfathlet sein.

[14:18]

HS

Wie finde ich das denn raus, auf welcher Stufe ich stehe und dann halt auch, was

das fr mich bedeutet? Also wenn ich jetzt ber diesem neutralen Nullpunkt bin,

wenn ich mehr als zweieinhalb Stunden Sport die Woche mache, woher wei ich

dann, was eine gute Ernhrung fr mich ist?

[15:11]

AC

Sporternhrung, ist so die Empfehlung, ab 5 Stunden Sport pro Woche. Also

nochmal ein bisschen Luft zu diesen reinen WHO-Gesundheitsempfehlungen, Luft

nach oben sozusagen. Wenn man da unsicher ist - "hab ich jetzt schon einen,

einen Mehrbedarf oder einen besonderen Bedarf?" - dann wird mir natrlich

immer eine Ernhrungsberatung von Fachpersonal empfehlen oder durch

Fachpersonal, um zum einen zu gucken: Gibt es da irgendwie im Status Defizite,

ja, in der Ernhrungszufuhr oder im Ernhrungsverhalten? Gibt es da Sachen, die

optimiert werden knnen? Und zum anderen einfach im anamnestischen

Gesprch herauszufinden, was sind denn eigentlich die Ziele einer

Ernhrungsberatung? Also ein Sportler oder eine Sportlerin muss ja nicht nur das

Ziel der Leistungsverbesserung haben, sondern es kann ja auch sein, dass sie eine

Ernhrungsberatung aufsuchen oder unsicher sind, weil sie vielleicht Fragen zu

Muskelmasse-Aufbau haben oder zur Gewichtsreduktion oder auch Sportler sich

einfach vielleicht nachhaltig ernhren wollen. Solche Aspekte, die man jetzt nicht

aus Listen oder so herauslesen kann und wo es Sinn macht, wirklich individuell

sich beraten zu lassen.

[15:29]

HS

Gibt es da groe Unterschiede zwischen verschiedenen Sportarten?

[16:32]

AC

Auf jeden Fall. Kann man sich vielleicht ganz gut vorstellen. Macht natrlich einen

riesen Unterschied, ob jemand jetzt, ich sag mal, 35 Kilo Trampolin-Turnerin ist

oder jemand zwei Meter groer, 100 Kilo schwerer Ruderer ist oder ob jemand im

Triathlon, ne, sechs Stunden Ausdauersport am Tag betreibt oder ob jemand

Sportschtze ist und weniger metabolisch anspruchsvolle Sportarten hat,

Tontaubenschieen beispielsweise. Das ist natrlich extrem variabel, sowohl von

den anthropometrischen Voraussetzungen - also einfach die krperliche Statur,

sage ich mal, Gre, Gewicht, Krperfettanteil - als auch die Belastung im

Trainingsalltag, die metabolische Belastung jetzt rein, ne, auf Stoffwechselebene.

[16:35]

HS

Zhlt eigentlich auch Denksport dazu?

[17:15]

AC

Denksport und auch E-Sport sind so, ich sag jetzt mal, Streitpunkte. Wir wissen,

dass natrlich ne, ne erhhte Gehirnaktivitt auch mehr Energie verbraucht.

Insofern passt vielleicht so ein bisschen der Begriff Sport. Aber das ist nicht das,

was in den klassischen Definitionen sportlicher krperlicher Aktivitt vom DOSB

beispielsweise bercksichtigt ist. Also da gab es ja auch lange Diskussionen - was

machen wir jetzt eigentlich mit dem E-Sport? Aber diese, ich sag jetzt mal,

sitzende Beanspruchung erfllt halt ganz viele Kriterien der sportlichen Aktivitt

nicht, ne, also Begnstigung oder Untersttzung des Herz-Kreislauf-Systems,

muskulre/skelettale Anpassung, all diese Sachen knnen jetzt Denksport oder

auch E-Sport nicht vollfhren und nicht mit sich bringen.

[17:19]

HS

Ich habe bei mir beobachtet, als ich angefangen hab, drauen Sport zu machen.

Vor allem, wenn es kalt ist drauen, hatte ich danach richtig Heihunger auf

Dner. Und dann musste das einfach sein, das... Also esse ich nicht stndig, so

einmal die Woche oder so, aber das habe ich so richtig gemerkt, so: Ach krass, wo

kommt das denn her? Kann man so auf seinen - das soll jetzt, das ist jetzt ein

unbeabsichtigter Witz - auf sein Bauchgefhl hren oder ist das sehr abwegig?

[18:07]

AC

Das ist berhaupt nicht abwegig, auf das Bauchgefhl zu hren, weil Durst und

Hunger zeigen ja an, da besteht irgendwo ein Bedarf. Und im Gegenteil, wenn

man jetzt nur rein kognitiv, nur mit dem Kopf entscheidet, besteht ein groes

Risiko, in ein restriktives Essverhalten abzurutschen, also sich Lebensmittel zu

verbieten, was dann zu einer einseitigen Ernhrung fhren kann oder auch zu

wenig Energie aufzunehmen. Ist tatschlich ein groes Problem im Sport, gibt es

einen Symptomkomplex als relatives Energiedefizit im Sport bezeichnet wird. Das

kann sozusagen, das Risiko kann reduziert werden, wenn wir auch wieder nach

Durst und Hunger und Appetit uns ernhren wrden oder die Sportler sich

entsprechend ernhren wrden. Gleichwohl ist es immer so eine gesunde

Mischung, also etwas kognitives Steuerung und zu wissen: Okay, was brauche ich

jetzt eigentlich, um mein Training mglichst gut zu untersttzen, um die

Trainingsadaptation, die ich erreichen mchte, auch wirklich zu erreichen? Macht

natrlich Sinn, ohne sich jetzt Getrnke oder auch Speisen wirklich gegen das

dringende Bedrfnis zu verbieten. Also das so abzuwgen, das ist tatschlich ein,

ein wichtiger Prozess, den, den Sportler teilweise auch erst wieder lernen mssen,

weil sie manchmal sehr kopfgesteuert rangehen und nur in, in Nhrstoffen und

Gramm pro Kilogramm Krpergewicht denken und nicht mehr in ein leckeres

Lebensmittel oder eine leckere Speise.

[18:30]

HS

Also ich habe auch sehr oft Lust auf Pommes und ich glaube, dass... da will mir

mein Krper jetzt nicht unbedingt sagen: Hey, du hast dich viel bewegt, du

brauchst jetzt unbedingt frittierte Kartoffeln. Da wrde ich vielleicht nicht

unbedingt drauf hren.

[19:52]

AC

Genau. Das ist genau dieser kognitive Abwgungsprozess, den man dann

irgendwie bewltigen muss.

[20:03]

HS

Check! Alles richtiggemacht.

Ich berlege gerade, vielleicht so als Beispiel: Wenn ich jetzt zu Ihnen komme und

ich sage, okay ich jogge in der Woche fnf Stunden. Was ich ganz schn viel finde,

naja, aber vielleicht ist das trotzdem eine ganz gute Hausnummer. So, ich jogge in

der Woche fnf Stunden, ich bin weiblich, Mitte 30 und wiege 60 Kilo. Was fr, in

was fr eine Richtung knnte ich denn da ernhrungstechnisch gehen? So, wo

sind die kleinen Stellschrauben, an die ich vielleicht gehen kann?

[20:07]

AC

Also das ist ja genau dieser Grenzwert, ne, mit diesen Stunden, wo wir sagen:

Okay, ernhrungstechnisch knnte man auf die Empfehlung der Sporternhrung

schauen oder auch nicht. Im Gesprch wrde ich immer zunchst fragen, warum

Sie in die Ernhrungsberatung gekommen sind, also welches Ziel Sie haben. Also

die Konstellation, die Sie gerade genannt haben, kann ja ganz unterschiedlich

sein. Jemand mchte eben doch sich vorbereiten, sag ich mal, auf irgendeinen

Wettkampf, ne, auf den ersten Halbmarathon oder den ersten Marathon, und ist

unsicher, was kann ich denn da im nchsten halben Jahr machen, weil ich nichts

falsch machen mchte, nicht in eine Mangelsituation geraten mchte. Es kann

sein, jemand ist schon relativ erfahren und mchte seine 10-Kilometer-Laufzeit

irgendwie verbessern. Oder es kann auch sein, jemand der jetzt angefangen hat

mit genau dieser Konstellation, mchte vielleicht Gewicht oder

Krperkomposition optimieren. Und das muss man eben genau herausfinden.

Oder derjenige/diejenige hat vielleicht sogar Beschwerden, ne, zu sagen, ich

komme nach der Arbeit und versuch dann noch irgendwie mal eine Stunde zu

laufen an den fnf Werktagen und wei nicht so genau, was soll ich vorher essen

oder hab dann irgendwie gastrointestinale Beschwerden oder schlaf dann nicht

gut, wenn ich danach so viel esse... Das muss man im Gesprch erstmal

herausfinden: Was sind denn eigentlich die Grnde? Ohne die kann man gar nicht

beraten, weil man eben nicht wei, was bewegt denjenigen oder diejenigen.

[20:43]

HS

Fnf Stunden ist auch wirklich ganz schn viel, wenn ich so drber nachdenke.

Wenn ich nach jedem, an jedem Werktag noch mal eine Stunde joggen gehen

wrde. Ich bin schon froh, wenn ich 40 Minuten schaffe. Das ist dann, ja, vielleicht

ein bisschen viel.

Wie gro ist denn eigentlich der Einfluss von Ernhrung bei sportlicher Leistung?

Also wie sehr kann ich das Maximum aus mir rausholen? Einfach nur durch, was

heit einfach nur durch Ernhrung, so, wenn ich ergnzend noch Ernhrung mit

dazu nehme?

[22:01]

AC

Also da muss man sagen, prozentual kann man jetzt nicht sagen, was die

Ernhrung, ne, zur Leistungssteigerung irgendwie beitrgt. Dazu sind die

Sportarten zu heterogen, dafr sind die Voraussetzungen zu heterogen bei den

einzelnen Sportlern. Man muss ganz klar sagen, dass die Ernhrung ein wichtiger

Leistungsfaktor ist. Ich wrde mal sagen, fast gleichberechtigt zu dem Training.

Also mit dem Training wollen die Athleten/Athletinnen ja etwas erreichen, sie

haben bestimmte Ziele, wollen sich adaptieren. Und mit der

bedarfsangemessenen Ernhrung, die wirklich auf das Training abgestimmt ist,

knnen die Athleten dann dieses Ziel, diese Trainingsadaptation, schneller

erreichen. Also es ist im Prinzip eine untersttzende Manahme, um, oder

begleitend notwendig zu, fr einen Sportler oder fr einen Wettkampfsportler/-

Sportlerin, um die Trainingsziele zu erreichen. Und gleichzeitig muss man sagen,

mit unangepasster Ernhrung oder inadquater Ernhrung - also man hrt jetzt

nur noch auf seinem Bauchgefhl und isst wirklich jeden Tag zu, bei den

Mahlzeiten, bei den Hauptmahlzeiten oder allen Hauptmahlzeiten die Pommes -

kann man sein Leistungspotenzial einfach nicht ausschpfen. Also wenn ich das

nicht gut mache, meine Ernhrung nicht gut plane, nicht gut umsetze, habe ich

Leistungseinbuen als Athlet oder Athletin. Wenn ich sie gut an mein Training

adaptiere und an meine Trainingsziele adaptiere, dann kann ich mein Training

optimal untersttzen. Und je nachdem, von welcher Ausgangslage man sich

bewegt, also fr die Athletinnen, die schon ein relativ gutes Basis-

Ernhrungsniveau haben, ist wahrscheinlich dann das Add-on an Leistungsgewinn

etwas kleiner, als bei denjenigen, die bisher ne, ich sag jetzt mal, katastrophale

Ernhrung haben und sich noch nicht sportgerecht oder gesundheitsfrderlich

ernhren. Da kann man dann natrlich mit einer Umstellung viel mehr erreichen.

[22:26]

HS

Mal abgesehen davon, dass man vielleicht nicht das Level erreicht, was man

erreichen knnte. Was gibt es denn noch fr Folgen von falscher Ernhrung beim

Sport?

[24:16]

AC

Also, hnlich wie in der Allgemeinbevlkerung, haben wir natrlich: Eine wenig

gesundheitsfrderliche Ernhrung erhht das Risiken fr alle mglichen

Ernhrungs- und Lebensstil-mitbedingten Erkrankungen, also Diabetes oder Herz-

Kreislauf-Erkrankungen, Atherosklerose, solche Sachen. Was wir jetzt im... das

heit, beim ambitionierten, erfahrenen Sport mit einer deutlich geringeren

Prvalenz haben, weil natrlich der Sport an sich schon gesundheitsfrderlich

wirkt und viele lebensstilabhngige Erkrankungen in der Wahrscheinlichkeit

reduzieren kann. Das kann natrlich auch sein, also, dass Athleten

Mangelerscheinungen bekommen. Also im Ausdauersport relativ hufig zu

beobachten ist beispielsweise ein Eisenmangel, der sich dann ungnstig auf die

Leistungsfhigkeit, Konzentrationsfhigkeit, Regeneration, Immunsystem

auswirken kann. Aber es knnen auch spezifische Erkrankungen resultieren. Also

relativ weit verbreitet ist dieses sogenannte relative Energiedefizit im Sport, RED-

S genannt, was mit verschiedenen Symptomen dann einhergehen kann. Also

klassischerweise sieht man bei weiblichen Athletinnen zuerst Einschrnkungen in

der Knochengesundheit, zum Beispiel Stressfrakturen, Ausbleiben der

Menstruationsblutung und eben eine unzureichende Ernhrung. Deswegen wurde

das, dieses Symptom lange auch als Female Athlete Triade bezeichnet. Inzwischen

wei man, dass die Symptome noch viel vielschichtiger sind. Also wir haben

hormonelle Strungen, metabolische Strungen, Schlafstrungen, die

Regeneration, die beeintrchtigt ist, das Muskelwachstum, was beeintrchtigt ist,

Glykogen, was ich nicht mehr so gut einlagern kann, teilweise auch

psychologische Erscheinung, die auftreten knnen und das alles nicht nur bei

Frauen, sondern genauso auch bei Mnnern. Deswegen heit das jetzt nicht mehr

Female Athlete Triade, weil es eben nicht nur drei Symptome sind und auch nicht

nur bei Frauen auftritt, sondern heit jetzt relatives Energiedefizit im Sport.

[24:24]

HS

Relatives Energiedefizit ist auch kein besonders sexy Begriff dafr.

[26:16]

AC

Ja, die andere Variante wre noch LEA fr Low Energy Availability. Das sind so die

beiden Sachen, die die kursieren.

[26:20]

HS

Muss denn Sporternhrung bei Frauen anders aussehen? Also geht man da auf

den Zyklus ein oder irgendwelche anderen Besonderheiten?

[26:29]

AC

Eine ganz spannende Frage, die wir, glaube ich, in allen Gesundheitsberufen

gerade erst anfangen mitzudenken und zu beantworten oder nach Antworten zu

suchen in der Forschung und auch in der Praxis. Ganz viele Studien werden

einfach mit Mnnern durchgefhrt, auch in der Sporternhrung, was daran liegt,

dass eben der Zyklus so Effekte hat, die signifikant sein knnen, was

Energiebedarf angeht, was Ruheumsatz angeht, was vielleicht auch Reaktionen

auf Lebensmittel und Trainingseffektivitt und Trainings-Outcome haben kann

und Wohlbefinden haben kann. Und da strt der Zyklus einfach in diesen

wissenschaftlichen Studien, weil man das so ungut standardisieren knnen. Aber

man fngt jetzt an, etwas spt, aber immerhin, gezielte Studien diesbezglich

durchzufhren. Also zu gucken: Reagieren denn Frauen auf bestimmte

Lebensmittel oder Trainingsinterventionen anders als Mnner? Macht der

Hormonstatus da einen Unterschied? Macht mglicherweise eine

zyklusabhngige Ernhrung oder zyklusorientierte Ernhrung Sinn? Momentan

knnen wir aber noch nicht sagen, dass es ausreichend Evidenz gibt fr

zyklusspezifische Ernhrung, also die Datenlage ist einfach noch nicht vorhanden.

[26:38]

HS

Verrckt, dass das so ist oder? Also ich denke gerade im Jahr 2023...

[27:50]

AC

Ja, tatschlich ja.

[27:56]

HS

Wie wichtig ist es denn beim Thema Sporternhrung, wann ich esse oder trinke

oder ist das egal?

[27:58]

AC

Da gibt es auch wieder keine pauschalen Empfehlungen, sondern wirklich

hochgradig, sag ich jetzt mal, individualisiert und auch periodisiert. Also man muss

wieder schauen: Wann trainiert der Athlet/die Athletin, was machen die sonst

noch den ganzen Tag ber? Also wir haben viele Sportler, die studieren nebenbei

oder die eine Ausbildung machen oder im Nachwuchsbereich vielleicht sogar

noch in die Schule gehen und an ihrem Abitur basteln. Und dann zu gucken: Wie

kann ich Training, die sonstigen Aufgaben, die sie haben in ihrem Leben, und die

Ernhrung optimal, ne, ber den Tagesverlauf in Einklang bringen. Dann haben

wir noch die individuellen Unterschiede, dass es Personen gibt, die, ja, vielleicht

Unvertrglichkeiten haben oder Schwierigkeiten haben, wenn sie eine Stunde vor

dem Training etwas essen. Andere vertragen das wunderbar und mssen

vielleicht sogar vor dem Training noch mal nur, ne, kurz vorher in den Msliriegel

beien oder in die Banane. Also da muss man wirklich wieder individuell schauen.

Welche Sportart macht derjenige oder diejenige? Was sind die Trainingsziele?

Wie kriegen wir es in den individuellen Alltag integriert, die Ernhrung? Und was

passt dann auch fr eine dauerhafte Umsetzung? Also es macht keinen Sinn so

einen optimalen Plan vom Reibrett oder aus dem Internet oder, ne, per

Computerkommunikation sich zu erstellen oder erstellen zu lassen, wenn es dann

fr den individuellen Alltag gar nicht funktioniert.

[28:04]

HS

Die Antworten sind einfach nie einfach.

[29:26]

AC

Genau. Wenn es so wre, dann knnten wir einfach einen Ernhrungsplan fr alle

Sportler verffentlichen und alles wre prima. Aber wir wissen ja auch aus der

Allgemeinbevlkerung, dass Ernhrungsempfehlungen eben immer nur genau das

sind: Empfehlungen. Und wie es jeder Einzelne umsetzt und was bei jedem

Einzelnen sozusagen gut funktioniert und nicht gut funktioniert, ist extrem

heterogen und unterschiedlich.

[29:28]

HS

Muss man denn da immer zur Ernhrungsberatung oder habe ich als

Durchschnittsmensch habe ich irgendwie eine Chance, auch ohne

Ernhrungsberatung da einen Weg fr mich zu finden? Gibt's da besonders gute

Quellen, besonders klare Quellen, mit denen ich auch arbeiten knnte, wenn ich

jetzt so eine ambitionierte Freizeitsportlerin bin?

[29:50]

AC

Zwingend notwendig ist dann nicht, dass Sie in eine, dass sie eine Fachberatung

sozusagen aufsuchen und zu einer Person gehen, die sich wirklich auf

Sporternhrung spezialisiert hat, wenn Sie sich das Wissen selber aneignen

knnen. Die Schwierigkeit besteht nur darin, wirklich vertrauenswrdige Quellen

zu finden, die auf evidenzbasierte Daten zurckgreift. Und gerade im Thema

Sporternhrung findet sich so, in der Internetrecherche und sonstigen sozialen

Medien, findet sich sehr, sehr viel, von dem wir jetzt als Fachexperten, um wieder

den Begriff aufzugreifen und mit dem Wort zu spielen, tatschlich

Bauchschmerzen kriegen, weil wir sagen, das kann wirklich nach hinten losgehen,

das ist gesundheitsriskant, es ist nicht wissenschaftlich fundiert, wir wrden da

eigentlich von abraten. Wenn jemand die Expertise hat, was wir natrlich hoffen,

dass viele Menschen es haben, sich die Fachliteratur anzuschauen oder zumindest

in vertrauenswrdigen Quellen suchen, also das wre eben die Seiten der

Deutschen Gesellschaft fr Ernhrung in dem Fachgebiet oder in der

Arbeitsgruppe Sporternhrung, wo wir einige Positionspapiere schon publiziert

haben. Oder auch beispielsweise beim Bundeszentrum fr Ernhrung, was ja

wirklich fr die Verbraucher wertvolle Informationen anbietet, fr den Laien, auch

ohne dass man da Fachliteratur lesen muss. Wenn man dort recherchiert, kann

man sich sicherlich auch einen guten Ernhrungsplan oder

Ernhrungsverhaltensweisen aneignen.

[30:06]

HS

Ich muss die ganze Zeit dran denken, wenn Sie sagen, Nahrungsergnzungsmittel.

Da kenne ich genug Leute, die da regelmig was zu sich nehmen. Oder im

Internet, vor allem im Internet, begegnet mir Werbung von Influencer*innen. Wie

finde ich mich denn da zurecht? Haben Sie da einen Anhaltspunkt fr mich oder

schreibe ich dann der DGE oder den Quellen, die Sie genannt haben? Kann ich

denen noch mal schreiben und mal nachfragen, so, wie sieht es denn eigentlich

damit aus, kann ich das bedenkenlos konsumieren?

[31:29]

AC

Ja, Nahrungsergnzungsmittel - tatschlich ein sehr schwieriges Feld, nicht nur in

der Sporternhrung, auch in der Allgemeinbevlkerung. Und wenn man schaut,

wie viele neue Nahrungsergnzungsmittel da im Jahr zugelassen werden in

Deutschland, kann niemand mehr so den berblick haben. Da bewegen wir uns in

Grenordnungen von etwa 35 000 pro Jahr, die auf den Markt kommen,

unterschiedliche Produkte, oder die zumindest registriert werden. Die

Vorgehensweise also fr die Sportler, die dem Dopingkontrollsystem unterliegen,

da ist unsere ganz klare Empfehlung zu schauen, also erstens sich beraten zu

lassen - ist es berhaupt notwendig und bringt es etwas in meiner Sportart? Da

gibt es auch vom Internationalen Olympischen Komitee so ein

Entscheidungsbaum, ja, an dem man sich langhangeln kann, am besten dann doch

mit Fachpersonal, also Sportmediziner/-medizinerin oder

Ernhrungsberater/Ernhrungsberaterin. Das wre so der erste Schritt. Und dann

nochmal zu schauen, bevor man sich fr oder gegen ein Supplement entscheidet,

ist es auf der Klner Liste gelistet? Die Klner Liste listet

Nahrungsergnzungsmittel beziehungsweise ausgewhlte Chargen davon, die

geprft wurden auf dopingrelevante Verunreinigungen. Weil da wissen wir

einfach, international ist nach wie vor der Prozentsatz an dopingrelevanten

verunreinigten Nahrungsergnzungsmitteln sehr hoch, ja, und das betrifft durch

die Bank weg oder kann durch die Bank weg alle Wirkstoffe, ja, betreffen. Also die

Vitamin C-Brausetablette genauso wie Magnesiumpulver oder was auch immer.

Und da ist natrlich dann unsere Aufgabe als Ernhrungsberater*innen im Sport,

die Sportler vor einem positiven Dopingtest zu schtzen. Die Freizeitsportler, die

jetzt nicht dem Dopingkontrollsystem unterliegen, denen wrde ich die gleiche

Herangehensweise vorschlagen. Also sich anhand des IOC-Entscheidungsbaums,

der ist tatschlich frei verfgbar, mal einmal durch die Fragen entlangzuhangeln

und solche Fragen zu beantworten: Wie kann ich das auch mit der normalen

Ernhrung erreichen? Das, was ich mit dem Supplement erreichen mchte, habe

ich in diesem Wirkstoff oder bei diesem Wirkstoff bei diesem Nhrstoff berhaupt

einen Mangel? Und ist dieses Supplement sicher? Also bekomme ich davon keine

Gesundheitsrisiken oder hole ich mir damit keine Gesundheitsrisiken ins Haus?

Weil eigentlich will ich ja wahrscheinlich was Gutes tun. Und gibt es hinreichende

Evidenz, dass dieses Supplement im Sport tatschlich auch wirkt und eben sicher

wirkt, ohne Schaden anzurichten? Das sind so ein paar Beispielfragen, die man

sich natrlich stellen sollte. Und wenn man feststellt: Okay, ich habe meine

Ernhrung noch gar nicht ausgereizt. Dann ist es natrlich der einfachste Weg zu

sagen, ich hole mir irgendwie die Magnesiumbrausetablette aus dem Supermarkt

oder aus dem Drogeriemarkt. Aber der nchste Schritt wre dann zu gucken:

Okay, wie krieg ich das eigentlich mit meiner Ernhrung hin? Und mglicherweise

ist das total einfach, weil ich einfach ein paar kleinere Umstellungen vornehmen

muss und dann ist mein Magnesiumbedarf oder mein, ne, Eisenbedarf oder was

auch immer, durch normale Ernhrung gedeckt. Und das ist auch etwas, was wir

immer empfehlen. Wir bezeichnen das als sogenannten Food First Approach, also

"zuerst echtes Essen" nenne ich das immer. Und dann irgendwelche Plverchen

und Tabletten, wenn es sich nicht vermeiden lsst.

[31:56]

HS

Es ist einfach so verlockend, wenn man... Also ich koche ungern tatschlich. Also

... sagen, kochen ist nicht meine grte Leidenschaft. Und wenn man dann denkt:

Oh, vielleicht darf ich ja einen Mangel X oder Y... Ich habe bestimmt einen Vitamin

C-Mangel, weil ich habe schon so lange keinen Apfel mehr gegessen, jetzt so ganz

stumpf. Und diese, diese Tablette, die sortiert das, dann muss ich mich nicht

weiter drum kmmern. Ich verstehe schon, dass das verlockend einfach ist.

[35:07]

AC

Ich versteh das auch, gerade wenn man viel Sport treibt. Und es ist aus meiner

Wahrnehmung auch genau die Angst, mit der

Nahrungsergnzungsmittelhersteller spielen und die Sportler und Sportlerinnen

adressieren. So nach dem Motto: Du hast deinem Krper gerade so viel

abverlangt, du hast so viel geschwitzt, du hast bestimmt ganz viel gerade verloren

und im Alltag ist es schwierig, gesund und ausgewogen sich zu ernhren und in

den heutigen Lebensmitteln steckt nichts mehr drin. Das sind ja die Mythen, die

so kursieren, die aber berhaupt nicht belegt sind und die de facto auch nicht

stimmen. Aber genau mit diesen ngsten wird glaube ich gearbeitet. Letztendlich

muss man sagen, man muss auch noch mal unterscheiden, ob man nur die

Zufuhrempfehlungen nicht erreicht oder ob man einen tatschlichen Mangel hat.

Also wenn es mir nicht gelingen sollte, beim, gerade beim Vitamin C ist es fast

unmglich, wenn man halbwegs ab und an mal Obst und Gemse isst oder

Kartoffeln, einen Vitamin C-Mangel zu bekommen. Aber wenn es mir nicht

gelingen sollte, ber die Ernhrung die Zufuhrempfehlung zu erreichen, muss das

noch lange nicht heien, dass ich einen Mangel hab. Weil die

Zufuhrempfehlungen sind mit einem solchen Sicherheitszuschlag, dass wirklich

98 % der Bevlkerung, auch diejenigen, die den Empfehlungen zur krperlichen

Aktivitt entsprechen, damit gut abgedeckt sind. Und die Wahrscheinlichkeit, dass

man selber gerade zu den, ne, 98 % oder deutlich darunter gehrt, also mit

deutlich weniger klarkommt und braucht, als die Empfehlung vorgeben - die

Chance ist doch relativ hoch.

[35:30]

HS

Was ich mich gerade noch gefragt habe, wir hatten es jetzt ber

Nahrungsergnzungsmittel, also hauptschlich aus dem Internet. Ist das denn ein

Unterschied, wenn ich das, wenn ich solche Sachen nicht im Internet kaufe,

sondern in meinem Drogeriemarkt um die Ecke oder im Supermarkt? Gehen die

durch andere Freigabekriterien oder ist das das gleiche?

[36:55]

AC

Also es ist insofern ein hheres Risiko, Nahrungsergnzungsmittel aus dem

Internet zu beziehen, weil Sie dann auch Nahrungsergnzungsmittel beziehen

knnen, die nicht dem Deutschen Recht beziehungsweise der deutschen

Nahrungsergnzungsmittelverordnung entsprechen knnen, weil Sie eben aus

allen Lndern Produkte beziehen knnen und das im Detail ja nicht, nicht

nachverfolgt ist und oder verfolgt werden kann und ja auch absolut in Ordnung

ist, wenn Sie aus irgendwelchen anderen Lndern Nahrungsergnzungsmittel

beziehen, die aber dann mglicherweise unseren Verordnungen nicht

entsprechen und ein hheres Risiko aufweisen knnen fr dopingrelevante

Verunreinigungen oder auch Verunreinigungen mit Schwermetallen

beispielsweise. Also bei Ayurveda-Produkten ist das hufig nachgewiesen, dass

die mit Schwermetallen verunreinigt sind, mit Blei beispielsweise. Ob jetzt ein

groer Vorteil besteht, wenn ich das sozusagen in Person, in Prsenz im

Drogeriemarkt kaufe, wrde ich erstmal infrage stellen. Aber einen Vorteil htten

Sie, wenn Sie in die Apotheke gehen, weil Sie sich dort natrlich von

Fachpersonal, von pharmazeutischen Fachpersonal wieder beraten lassen

knnen. Und wenn sie ein Prparat nutzen, wo sie denken, ich habe da

mglicherweise einen Mangel, auch Prparate nutzen knnten von der

sogenannten Roten Liste, die ein minimales bis nicht vorhandenes Dopingrisiko

haben oder Risiko fr Verunreinigung. Weil Prparate von der Roten Liste eben

dem Arzneimittelgesetz unterliegen und entsprechend auch sicher sind verglichen

mit den Produkten, die sie im Supermarkt kaufen knnen oder im Drogeriemarkt.

[37:12]

HS

Was auch immer so rumgeistert sind die Inhaltsstoffe Taurin, L-Carnitin oder

Koffein zur Leistungssteigerung. Was ist denn da dran?

[38:41]

AC

Genau, L-Carnitin und Taurin, wrde ich mal sagen, die sind inzwischen schon

wieder, geistern nicht mehr so stark rum, das ist schon nicht mehr so in Mode.

Koffein kann tatschlich in ausgewhlten Situationen und spezifischen Sportarten

zur Leistungssteigerung beitragen oder die Leistungserbringung untersttzen,

sagen wir mal so. Das betrifft zum Beispiel die Ausdauersportarten. Beispiel

Marathon, Kilometer 35, ne, die kognitive Leistungsfhigkeit, die sinkt, die

Ermdung, die, auch die kognitive Ermdung und auch die muskulre Ermdung

sind auf einem relativ hohen Niveau. Dann kann Koffein das Eintreten der

Ermdung etwas verzgern erhht die Bereitstellung von Glukose und, wie

gesagt, die kognitive Ermdung kann verzgert werden. Es gibt noch ein paar

interessante Studien, die zeigen, dass im Fuball die Torschussfhigkeit oder die

die Treffsicherheit des Tores erhht werden kann durch Koffein.

[38:51]

HS

Nein.

[39:45]

AC

Ja finde ich auch interessant. Ich glaube aber auch, dass das wieder bei

ausgewhlten Personen der Fall ist. Also wenn ich mit meinen Kindern Fuball

spiele und vorher eine Tasse Kaffee trinke, dann wirkt das wahrscheinlich nicht so.

Also ich glaube, da macht der Kaffee nicht so viel aus. Genau. Insgesamt muss

man sagen, es gibt sehr wenige sogenannte ergogene Substanzen, ergogene,

leistungssteigernde oder die als leistungssteigernde Substanzen beworben

werden. Das ist eben zum einen das das Koffein, es kann das Kreatin in

kraftintensiven Sportarten sein - also es nutzt wieder nichts bei anderen

Sportarten, beim Tontaubenschieen beispielsweise - und es sind sogenannte

Puffersubstanzen, also -Alanin und Hydrogencarbonat, was Laktat abpuffern

kann bei Kurzzeitausdauerbelastung, also laktaziden Belastung wie 800-Meter-

Lauf, 400-Meter-Lauf, 1500-Meter-Lauf. Und alles andere, was so vermarktet wird

und scheinbar die Leistungsfhigkeit steigert, entsprechend so verkauft und den

Athleten suggeriert wird, ist evidenzbasiert nicht haltbar. Also es sind wirklich

sehr, sehr wenige Substanzen.

[39:46]

HS

Ist wahrscheinlich viel Kopf, der da mitmacht, viel Placebo, wenn man da auf was

schwrt, vielleicht. Kann ich mir vorstellen, ich wei es nicht, ich bin keine

Leistungssportlerin, absolut nicht.

Wie sieht es denn gerade - also ich wei gar nicht, ob es richtig ist, wenn ich sag

Profisport, aber wir haben es ja schon bei, vielleicht Spitzensport - wie sieht es

denn im Spitzensport aus mit der Ernhrungswissenschaft? Wie entwickelt sich

die da gerade? Was, was sind da die groen Themen? Was passiert da gerade?

[40:55]

AC

Muss man vielleicht ein bisschen differenzieren, je nach Nation. Also ich wrde

sagen, international ist die Sporternhrung und auch die Exercise Physiology, das

geht so ein bisschen ineinander ber, relativ gut aufgestellt. Und schaut wirklich

im Spitzensport, welche Ernhrungsstrategien, Ernhrungsweisen knnen

einzelne Trainingsziele optimal untersttzen. Also solche Sachen wie periodisierte

Kohlenhydratzufuhr oder auch Timing der Proteinzufuhr im Kraftsport. Das sind so

Aspekte, wo es sehr gute evidenzbasierte Studien gibt. Oder auch was kann ich in

der Hitze mit Ernhrung machen, dass ich sozusagen eine bessere

Hitzevertrglichkeit habe und in der Hitze besser performen kann. In Deutschland

ist es noch ein sehr junges Feld, die Sporternhrung, und ist auch ein hochgradig

interdisziplinres Feld, eben aus Ernhrungswissenschaft und vielleicht auch

sportmedizinischen Aspekten. Und da habe ich so den Eindruck, da tut sich gerade

sehr viel, auch die interdisziplinre Zusammenarbeit zwischen diesen

verschiedenen Forschungsfeldern entwickelt sich. Und es werden immer mehr

Studien diesbezglich gemacht, die auch, sag ich mal, den, den wissenschaftlichen

Anforderungen standhalten. Also wirklich gut gemachte, kontrollierte

randomisierte Studien. Und da erwarte ich eigentlich im, in den nchsten Jahren

noch ganz viele spannende Erkenntnisse, auch aus Deutschland heraus, ja.

[41:21]

HS

Welche Lnder sind denn Deutschland voraus? Beim Thema Sporternhrung in

der Forschung?

[42:44]

AC

Also ich wrde jetzt mal als, beispielhaft als Ikone Australien nennen.

[42:49]

HS

Okay.

[42:52]

AC

Die haben da wirklich, ne, das Australian Institute of Sports, da relativ groe

Abteilungen, die sowohl praxisnah Athleten begleiten in der Sporternhrung als

das auch mit wirklich guten Studien forschungsfundiert sozusagen dann auch

publizieren und den anderen Nationen mit zur Verfgung stellen.

[42:53]

HS

Wieso ist denn Deutschland da hin... Hinterher klingt so, na ja, noch kleiner.

Warum ist denn die, dieses Feld in Deutschland noch kleiner als anderswo?

[43:12]

AC

Das kann ich gar nicht genau sagen, woran das liegt. Aber Tatsache ist, dass man

bei uns in Deutschland momentan Sporternhrung beispielsweise noch nicht

studieren kann. Es gibt ein paar Studiengnge, die auch alle sehr jung sind, also

vielleicht fnf, maximal zehn Jahre alt, wo man vielleicht solche Sachen wie

Ernhrung und Bewegung oder Ernhrung und Sport studieren kann. Aber direkt

Sporternhrung kann man noch nicht studieren. Deswegen gibt es auch relativ

wenig Leute, die dann in dem Forschungsfeld dann promovieren und weiter

forschen. Also meistens sind das eben interdisziplinre Teams, wie gesagt aus, aus

Ernhrungswissenschaftlern, kotrophologen, Sportmedizinern und vielleicht

auch Sportwissenschaftlern, die sich dann irgendwie zusammentun und im Gebiet

der Sporternhrung forschen.

[43:20]

HS

Spannend, weil ich habe gerade so das Gefhl, aber vielleicht tuscht das ja auch,

aber im Moment ist ja gerade auf Social Media total so... Es gibt so einen

Fitnessstudio Trend, so einen Kraftsporttrend. Auch vermehrt sehe ich das bei

Frauen, die dann pltzlich mit Sixpack unterwegs sind und in engen Leggings

irgendwelche TikToks dazu machen, wie sie, wei ich nicht, wie sie heute schon

wieder im Fitnessstudio waren. Und dann denke ich so, eigentlich, ist das gerade

so ein groes Thema, da htte ich gedacht, dass es da, ja, wei ich nicht, dass es

da vielleicht in Deutschland noch mehr gibt. Ist das eigentlich neu? Ist es, merken

Sie, dass das Interesse massiv gestiegen ist in den letzten Jahren?

[44:05]

AC

Das ist immer so, so eine gefhlte und versus...

[44:45]

HS

Ja...

[44:48]

AC

... versus fundierbare Aussage. Also ich glaube, dass mit diesen Social-Media-

Trends und der Verfgbarkeit, ne, in Sekundenschnelle mal schnell irgendwas

durchzuscrollen, scheinbar das Interesse sowohl an gesunder Ernhrung, als auch

an nachhaltiger Ernhrung, als auch an Sporternhrung gestiegen ist. Aber

kritischer Weise muss man sagen, da bewegt man sich ja immer so in seiner

eigenen Blase. Also in dem Moment, wo ich da irgendwas anscrolle, oder anklicke

und durchscrolle, krieg ich auch wieder mehr Input diesbezglich und dann

erweckt das bei mir den Eindruck, dass da gerade ganz viel passiert. Jemand

anderes, der sich fr diesen Bereich berhaupt nicht interessiert, bei dem

tauchen dann wieder ganz andere Sachen auf. Insofern ist das schwer, wirklich zu,

zu objektivieren, ob das tatschlich jetzt mehr Interesse auch in der breiten

Bevlkerung stt, oder ob das wieder, ja, ein kleines Klientel ist sozusagen, was

das betrifft.

[44:48]

HS

Vielleicht habe ich einmal zu oft auf YouTube ein Yoga-Video angemacht oder so

ein Home-Workout so... Whrend Corona war das ja, also in meiner Welt war das

sehr beliebt, so: Ich muss mich irgendwie bewegen, ich mache irgendwas an. Und

das schwappt dann ber auf die anderen Social-Media-Kanle und dann kriege ich

nur so hypersportliche Leute angezeigt, die erst mal eine Superfood-Chia-

Irgendwas-Bowl mit Pulver drber frhstcken.

[45:43]

AC

Ja, genau. Aber das sind genau die Sachen, die erreichen ganz viele Leute, ganz

viele Personen, ne, mit deutlich hheren Wirkungsgrad, sage ich jetzt mal, oder

Erreichungsgrad, als wir das vielleicht mit wissenschaftlichen Publikationen

machen knnen oder erreichen knnen. Aber der, wirklich die Evidenz dafr, dass

jetzt die - wie war das Chiasamen-Protein oder was auch immer...

[46:04]

HS

Alles zusammen.

[46:28]

AC

... dass das notwendig ist und dass das besser wre, als unsere heimischen,

regionalen, saisonalen Produkte, wrde ich mal ein groes Fragezeichen dahinter

machen. Und genau das ist das Problem, was wir gerade haben. Das ist natrlich,

ne, das ploppt so auf, dass sieht toll aus, die Menschen, die das posten sehen toll

aus, und dann haben andere Menschen das Gefhl: Ich muss genau das

nachkochen und wenn ich das nicht mache, bin ich kein guter Sportler oder keine

gute Sportlerin. Was aber wirklich wissenschaftlich nicht haltbar ist.

[46:29]

HS

Ja, wir sind jetzt querbeet durch alle mglichen Themen zum Thema

Sporternhrung durch. Weil fr mich ist das einfach auch ein neues Thema. Ich

bin noch am Orientieren: Okay, was gibt es denn da alles? Der Begriff

ambitionierte Freizeitsportlerin geht glaube ich nie wieder aus meinem Gehirn

raus. Und ab wann muss ich anfangen, mir darber Gedanken zu machen? Wo

sind die Unterschiede? Wie kann ich mich orientieren in dieser Welt, die mir

stndig irgendwelche Dinge verkaufen will? Und da bin ich, dank Ihrer Antworten,

auf jeden Fall ein ganz, ganz groes Stck weitergekommen. Vielleicht wird ja

doch mal irgendwas mit mir als Spitzensportlerin. Vielen Dank!

[46:58]

AC

Ja, toi, toi, toi, viel Erfolg dabei und ich bedank mich auch fr die Fragen.

[47:28]

Fazit

HS

Okay, wir halten fest: Ich darf nach dem Sport Dner essen ohne ein schlechtes

Gewissen zu haben. Und wir halten auch fest brigens, dass ich glaube ich am

Ende von jeder Folge irgendwie verknden kann, dass ich mich freue, dass ich

irgendwas darf, von dem ich dachte, dass ich es nicht drfen wrde. Und das ist

eigentlich doch auch ein gutes Zeichen. Das zeigt auch einfach, was fr eine

Schere ich im Kopf habe, dass ich immer denke: Oh, gesunde Ernhrung, das

macht bestimmt keinen Spa. Jedenfalls hat Frau Carlsohn meinen Dner

genehmigt und insgesamt brauche ich bei meinem Sportleben keine

Spezialernhrung in irgendeiner Form.

Aber sollte mich doch mal der Ehrgeiz packen, dann wre eine Beratung nicht

schlecht. Weil Sport nicht gleich Sport ist und das ganze sowieso sehr individuell

ist. Was ja dann auch wieder bedeutet, dass allgemeine Tipps aus dem Internet

zur Sporternhrung nicht so richtig zielfhrend sind. berraschung. Wenn bei mir

also alles so bleibt, wie es ist, also irgendwie auf einem halbwegs

durchschnittlichen Sportlevel unter Leuten, die halt auch irgendwie Sport

machen, dann brauche ich mir auch keine Gedanken um

Nahrungsergnzungsmittel zu machen.

Dazu sagte Frau Carlsohn, dass ein Food First Approach besser wre, also, dass

man immer lieber echtes Essen zu sich nimmt statt Tabletten oder Pulver. Das ist

eigentlich auch nicht so berraschend. Aber manchmal wnschte man sich ja,

dass es ein Wunderplverchen oder ein Wundertablettchen gbe, was man sich

einfach einschmeit. Da muss man sich keine Gedanken mehr machen. Ja, sorry,

den Mythos habe ich debunked. Also Frau Carlsohn hat den Mythos debunked.

Ja, in der nchsten Folge geht es dann um Gemeinschaftsverpflegung. Und das ist

einerseits ein super Begriff zum Galgenmnnchenspielen und andererseits ist es

die Bezeichnung fr Essen fr grere Gruppen, so wie z. B. in Kitas oder in

Senior*inneneinrichtungen.

Bis dahin! Und nicht vergessen, diesen Podcast zu abonnieren, zu bewerten und

natrlich berall weiterzuempfehlen. Tsch!

[47:33]

Einspieler Mitgliederwerbung

LF

Alle reden ber Ernhrung - DGE-Mitglieder sowieso, denn sie profitieren, reden

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[49:26]

Outro

HS

[Musik]

"Wie wollen wir essen?" ist eine Produktion von Escucha - Kultur fr's Ohr - im

Auftrag der Deutschen Gesellschaft fr Ernhrung. Skript und Konzept von

Manuela Michel, Theresa Maria Ting und Lukas Fleischmann. Moderation:

Henriette Schreurs. Technische Umsetzung und Produktion: Escucha.

[50:03]

Wie wollen wir essen? Ein Podcast der Deutschen Gesellschaft fr Ernhrung e. V.

Staffel 2, Folge 3 - Fit und gesund! Transkript

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Kommentare (1)

Sportlehrerin

Sehr geehrtes Team, wäre es möglich zu dieser wunderbaren Episode des Podcasts ein Transkript zur Verfügung gestellt zu bekommen? Ich würde den Podcast gerne als Unterrichtsmaterial verwenden; ein Transkript würde die weitere Behandlung der Inhalte z.B. in Form von Diskussionen im Unterricht sehr erleichtern.

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